Studenten auf Weltraumkurs
Technologie für Spitzenforschung
WAS SIND SCHWEREWELLEN, WIE SIND SIE AUFGEBAUT UND WIE IST DEREN EINFLUSS AUF DAS GLOBALE KLIMA? Antworten auf diese Fragen möchten Wissenschaftler des Instituts für Energie und Klimaforschung (IEK), Stratosphäre, unter der Leitung von JARA-ENERGY Mitglied Prof. Martin Riese, in enger Zusammenarbeit mit Ingenieuren aus dem Zentralinstitut für Engineering, Elektronik und Analytik (ZEA), Engineering und Technologie, geleitet von JARA-ENERGY Mitglied Prof. Ghaleb Natour, herausfinden.
Für diese Aufgabenstellung hat die Initiative „DISSECT“ (Development Intiative for Small Satellites Exploring Climate Processes) das Ziel, Schwerewellen zu charakterisieren. Schwerewellen sind Luftströme die ihren Ursprung im Gebirge haben können. Dabei strömen Luftmassen gegen die Berghänge und es kommt zu Verwirbelungen. Die entstehenden Zirkulationen beeinflussen besonders die mittlere Atmosphäre (Mesosphäre). Für die Charakterisierung werden mittels Spektrometrie Intensitätsverhältnisse von Sauerstoffemissionen in der Mesosphäre gemessen.
Der erste Schritt der Initiative war es im Rahmen des Studentenprogramms „REXUS“ (Rocket-borne Experiments for University Students) wissenschaftliche Messdaten zu erfassen. Im März 2017 nahm das Studententeam AtmoHIT (Atmospheric Heterodyne Interferometer Test), als eine von acht ausgewählten Arbeitsgruppen, mit seinem Experiment an den Raketenflügen in Esrange (Schweden) teil.
DAS MODELL
Das Modell zeigt den Gesamtaufbau im Schnitt. Zu sehen sind das Raketenmodul (blau) mit Modulboden (silber), Fenster, Experiment, Kamera und Elektronikbox. Das Experiment setzt sich aus einem Baffle (zur Streulichtreduzierung) und einem Messinstrument zusammen. Um den großen Schockbelastungen standhalten zu können, wurde das Experiment mittels Drahtseilfedern auf dem Modulboden befestigt. So können die hochfrequenten Schwingungen des Raketenantriebs absorbiert werden. Das mechanische Grundgerüst aller Baugruppen ist so ausgelegt, dass die Beschleunigung von bis zu 18 g keine Beschädigungen hervorrufen. Sowohl die Beschleunigungskräfte, als auch die thermisch induzierten Kräfte, wurden im ZEA in einer FEM Analyse berechnet und konstruktiv berücksichtigt.
Das Messinstrument beinhaltet ein Linsensystem sowie das Spektrometer. Die Linsen der Front- und Detektoroptik werden mittels Verschraubungsringen (rot) in Position gehalten. Sowohl die konstruktive Lösung als auch die geschickte Auswahl der Werkstoffe garantieren für die spezifizierten Temperaturbedingungen und Beschleunigungskräfte einen sicheren Betrieb, sodass Bilder der Atmosphäre auf einen Detektorchip projiziert werden können. Diese zeigen ein Interferogramm in Abhängigkeit der Höhe, welches durch eine Fouriertransformation zu einem Intensitätsspektrum umgewandelt wird. In diesem Spektrum ist die Intensität über die räumliche Frequenz, welche mit der Wellenlänge korrespondiert, abgebildet. Anschließend kann für alle aufgenommenen Sauerstoff-Emissionslinien die Intensität abgelesen und mit der Charakterisierung der Schwerewellen begonnen werden.
Die Rakete „REXUS 22“ ist erfolgreich am 16.03.2017 in Esrange (Schweden) in Anwesenheit des Studententeams gestartet. Sie erreichte eine Höhe von annähernd 84 km, sodass die Experimente für zwei Minuten in Schwerelosigkeit betrieben werden konnten. Während dieser Zeit sammelte das Messinstrument aussagekräftige Daten. Die beiden Bilder zeigen das Studententeam und den Raketenstart.
Technische Daten
Flughöhe
84 km
Maximale Beschleunigung 18 g
Maximale Geschwindigkeit 4170 km/h
Zeit der Schwerelosigkeit 2 min