CO2-neutrale Klimatisierung eines Elektrobusses
Im Rahmen des Forschungsprojektes „CO2-neutrale Klimatisierung eines Elektrobusses“ beschäftigen sich Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen mit den Herausforderungen der Implementierung einer sorptionsbasierten Klimaanlage in Elektrobussen. Das Projekt wurde gefördert durch Mittel der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder im Rahmen des ERS BoostFund-Projekts der RWTH Aachen University „CO2-neutrale Klimatisierung für Elektrobusse“ (ERS).
Der Einsatz von Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr ist ein Multiskalenproblem und mit einigen Herausforderungen verbunden, derer sich ein interdisziplinäres Forscherteam der RWTH Aachen annimmt. Dabei arbeiten Chemiker vom Institut für Technische und Makromolekulare Chemie (ITMC) mit Maschinenbauern des Lehrstuhls für Technische Thermodynamik (LTT), Elektroingenieuren des Instituts für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) und Bauingenieuren des Instituts für Stadtbauwesen und Stadtverkehr (ISB) zusammen.
Abbildung 1: Sorptionsbasierte Klimatisierung eines Elektrobusses – Forschung auf allen Skalen.
Elektrobusse eignen sich in Zeiten von vermehrten Umweltzonen und hohen Batteriekosten besonders für den Einsatz im öffentlichen Nahverkehr. Ein bisher ungelöstes Problem ist jedoch die Klimatisierung der E-Busse, deren Innentemperatur sowohl im Sommer als auch im Winter auf einem angenehmen Wert gehalten werden muss, um die Akzeptanz bei den ÖPNV-Nutzern zu gewährleisten. Der Energiebedarf für die Klimatisierung ist dabei ungefähr vergleichbar mit dem Energiebedarf, der für die Fortbewegung des Busses aufgebracht werden muss. Eine Alternative für herkömmliche Klimaanlagen, die mit Strom aus der Batterie betrieben werden müssen, bieten sorptionsbasierte Klimaanlagen. Da sorptionsbasierte Klimaanlagen thermisch gespeicherte Energie nutzen, können teure Batterien eingespart werden.
Wie funktioniert so eine sorptionsgestützte Klimaanlage? Das Klimamodul basiert auf dem physikalischen Prinzip der Adsorption. Lagert sich Wasserdampf an einen porösen Feststoff an, so wird Wärme frei. Dieses poröse Adsorbens hat eine sehr hohe innere Oberfläche und kann dadurch viel Wasser aufnehmen und so auch viel Wärme freisetzen. Der Feststoff zieht regelrecht Wasser an, wodurch die feuchte Busluft getrocknet und gleichzeitig erwärmt wird. Im Winter wird die frei werdende Adsorptionsenthalpie zum Heizen genutzt. Im Sommer kühlt man die getrocknete Busluft mit Umgebungsluft vor und stellt dann die gewünschte Busluft-Temperatur in einem Verdunstungskühler ein (Abbildung 2).
Abbildung 2: Funktionsweise des Adsorptions-Klimamoduls.
Um das Modul zu regenerieren, muss sommers wie winters Wärme zugeführt werden, wodurch das Adsorbens getrocknet wird und wieder einsatzbereit ist. Das funktioniert mit Strom über den Anschluss, über den auch die Batterie geladen wird. Wenn der Bus also zurück in das Depot fährt, wird nicht nur die Batterie vollgeladen, sondern auch das Klimamodul regeneriert.
Während der Busfahrt wird so keine Energie aus der Batterie für die Klimatisierung benötigt, denn die Energie ist bereits in Form von Wärme im Sorptionsmodul gespeichert. Forscherinnen und Forscher am LTT können durch dynamische Simulationen klären, wie viel Adsorbens benötigt wird, wie groß die Wärmeübertrager sein müssen und wie viel Energie diese verbrauchen. So wird die Auslegung des Moduls optimal geplant. Anschließend wird das Adsorbermodul im Labormaßstab gefertigt und vermessen, um die gemachten Annahmen zu überprüfen (Abbildung 3).
Abbildung 3: Realer Prüfstand für das Klimamodul.
Eine große Herausforderung in diesem Bereich ist die eingeschränkte Effizienz der Sorptionsklimaanlagen, die bisher nicht mit herkömmlichen Klimaanlagen konkurrieren können. Ein Grund hierfür ist das Fehlen von geeigneten Adsorbentien. Bisher werden hauptsächlich kommerziell verfügbare Materialien wie Silikagele und Zeolithe in Adsorptionsklimaanlagen eingesetzt, die jedoch nicht für diesen Einsatz optimiert wurden und die Effizienz der Anlagen einschränken. Das ideale Material muss auf der einen Seite auch bei niedriger relativer Feuchtigkeit bereits Wasser aufnehmen, dieses jedoch nicht allzu stark binden, damit nicht zu viel Energie während der Regenerierung aufgewandt werden muss. Außerdem sollte ein Gramm Adsorbens möglichst viel Wasser aufnehmen, da die Aufnahmekapazität darüber entscheidet, wie viel Material im Klimamodul eingesetzt werden muss und damit auch das Gewicht des Moduls bestimmt. Forscherinnen und Forscher am ITMC beschäftigen sich mit der gezielten Anpassung der chemischen und physikalischen Eigenschaften des Adsorbens und arbeiten so an einer Optimierung der Effizienz von sorptionsgestützten Klimaanlagen.
Des Weiteren muss bedacht werden, an welchem Ort und wie häufig Batterie und Sorptionsspeicher geladen werden müssen. Mittels Schnellladung kann in 5-6 Minuten so viel Energie übertragen werden, dass ein 12 m langer Bus 45 Minuten batterieschonend fahren kann. Aber selbst eine kurze Ladezeit kann zum Verhängnis werden, sollte der Bus zentral geladen werden. Zentrale Ladestellen haben den Vorteil, dass sie von vielen Bussen genutzt werden können und sich so schneller finanziell rechnen. Problematisch ist dabei einerseits die Akzeptanz der ÖPNV-Nutzer, wenn sich die Fahrtzeit von 15 auf 20 Minuten verlängert, weil der Bus auf der Strecke geladen werden muss. Zum anderen besteht die Gefahr, dass eine zentrale Ladestelle, die von vielen Bussen angefahren werden muss, zu infrastrukturellen Engpässen und Stau in der Innenstadt führt. Diese Situation wird zusätzlich verschärft, wenn Nutzer des ÖPNV aufgrund sinkender Akzeptanz auf Individualtransport umsteigen, was zu einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen führen würde und somit unbedingt vermieden werden muss.
Kontakt
Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Regina Palkovits
Mitglied JARA-ENERGY
Lehrstuhl für Heterogene Katalyse und Technische Chemie
Institut für Technische und Makromolekulare Chemie
RWTH Aachen University
Worringerweg 2
52074 Aachen
Univ.-Prof. Dr.-Ing. André Bardow
Mitglied JARA ENERGY
Lehrstuhl für Technische Thermodynamik
RWTH Aachen University
Schinkelstraße 8
52062 Aachen