Energiewende: Eine Bestandsaufnahme - JARA-ENERGY Talks mit Prof. Andreas Löschel
Zum fünften Mal fanden am 04. November 2020 die JARA-ENERGY Talks statt. Der weltweiten Situation Rechnung tragend, wurde die Veranstaltung erstmals in einem online Format ausgerichtet. Rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten den Ausführungen von Prof. Andreas Löschel, Universität Münster und Vorsitzender der Expertenkommission „Energie der Zukunft“ der Bundesregierung, der zu diesem Anlass eine Bestandsaufnahme der Energiewende darbot.
Die Herausforderungen der Energiewende
In seinem Vortrag fand Prof. Andreas Löschel klare Worte, denn zur Erreichung der Energiewende in Deutschland sind einige Herausforderungen zu meistern, und für manche gibt es noch keine adäquate Lösung. In vielen Bereichen, hinkt Deutschland den gesetzten Zielen hinterher, etwa bei der Energieeffizienz, und in vielen Bereichen werden die höheren EU Klimaziele die deutschen Planungen auf den Kopf stellen. Kohleausstieg, Dekarbonisierung der Industrie oder die Sektorkopplung sind nur einige der doch mittlerweile zunehmend dynamischen Handlungsfelder in diesem Zusammenhang. In den vergangenen Monaten, so resümierte Löschel in seinem Vortrag, haben sich weitere große Themenfelder ergeben.
Er stellte jedoch klar heraus, dass fossile Brennstoffe perspektivisch ausgedient haben. In dem Bestreben, den CO2-Ausststoß nachhaltig und langfristig zu reduzieren ist der Kohleausstieg daher nur konsequent, wenn es auch deutliches Verbesserungspotenzial in der Art und Weise des Ausstiegs gibt. In jedem Fall ist etwa die Subventionierung herkömmlicher Energieträger kontraproduktiv bei der Erreichung des Ziels einer weitgehend klimaneutralen Energieversorgung.
In seinem JARA-ENERGY Talk machte der Energieexperte darüber hinaus deutlich, dass die einzelnen Maßnahmen miteinander verknüpft sind und der Erfolg der Energiewende eine systemische Sicht erfordert. Beispielsweise ist der Kohleausstieg bis 2030 durchaus realisierbar, hängt jedoch sehr stark vom Ausbau der erneuerbaren Energiequellen ab. Auch die Investition in Wasserstofftechnologien zahlt auf den Kohleausstieg ein.
Die Wärme- und Verkehrssektoren wurden bisher nicht weit genug in die Bemühungen eingebunden. Der Experte sieht hier Nachholbedarf. Zudem muss auch die industrielle Transformation stärker in den Mittelpunkt rücken. Gerade in diesem Bereich sieht Andreas Löschel für das Industrieland Deutschland eine große Triebkraft. So kann einerseits die Regierung durch Impulse und Anreize die Umsetzung von Maßnahmen zur klimaneutralen Produktion unterstützen, andererseits ist auch die Industrie gefragt, aktiv mit eigenen Maßnahmen voranzuschreiten und so Chancen zu ergreifen.
Der CO2-Preis als Steuerungselement
Die Investitionen in grüne Energiequellen und entsprechender Infrastrukturen sowie der Kohleausstieg dienen alle der Reduktion des CO2-Ausstoßes, dem zentralen Handlungsfeld der Energiewende. Die CO2-Bepreisung, so erläuterte Prof. Löschel in seinem Vortrag, stellt ein wirksames Steuerungselement dar, um den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren. Dabei hat der CO2-Preis auf alle Sektoren Einfluss und schafft so einen stabilen Rahmen für die Energiewende. Dabei muss in Kauf genommen werden, dass der CO2-Preis nicht dem ökonomischen Ideal eines einheitlichen Preises für alle Sektoren und Länder entspricht. Vielmehr ist hier so rasch wie möglich eine europäische Lösung anzustreben. Marktliche Koordinierungsmechanismen sind nicht zuletzt notwendig, um den European Green Deal mit seinen vielen Akteuren überhaupt möglich zu machen.
Energiewende – Eine globale Herausforderung
Die Energiewende ist eine globale Herausforderung. Langfristig wird die Eindämmung der globalen Erderwärmung und des CO2-Ausstoßes nur gemeinsam mit den Ländern der Welt realisiert werden können. Ziel muss es daher sein, gemeinsame Ansätze in der Klimapolitik mit anderen Ländern zu forcieren. Nur in dem Maße, wie das nicht gelingt, bedarf es Alternativen, wie zum Beispiel der Carbon Border Adjustment Mechanism. In der an den Vortrag anschließenden Diskussion stellte der Referent heraus, dass eine konsequente Umsetzung der Ziele, die im Pariser Abkommen festgelegt wurden, zwingend auch stärkere Maßnahmen in anderen Ländern zur Folge haben müssen. So kann die deutsche Energiewende auch zu einem Erfolgsmodell werden.
JARA-ENERGY Talks auch online erfolgreich
In der regen Diskussion beantwortete Prof. Andreas Löschel zahlreiche weitere Fragen rund um die Energiewende und den Stand der getroffenen und anvisierten Maßnahmen. Der Gastgeber der Veranstaltung, JARA-ENERGY Direktor Prof. Dirk Uwe Sauer äußerte sich zufrieden: „Die Corona-Krise bringt uns dazu, neue Formate im Veranstaltungsbereich auszuprobieren. Das neue Online-Format hat heute zu einem interessanten und tollen Vortragsabend geführt und auch die Teilnahme vieler weit entfernt wohnenden Interessenten ermöglicht. Wir hoffen, dass wir uns bald wieder mit unseren Referenten und unserem Publikum in Aachen persönlich treffen können, wollen aber auf das parallele digitale Angebot auch nicht mehr verzichten.“
Weiterführende Informationen zum Referenten Prof. Andreas Löschel:
https://www.wiwi.uni-muenster.de/ceres/de/team/andreas-loeschel
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