Prof. Dr. Danilo Bzdok: von Paris nach Aachen

Prof. Dr. Danilo Bzdok leitet seit dem 1. September 2015 das Lehr- und Forschungsgebiet „Social and Affective Neurosciences“ in der Sektion "Neuropsychologie" an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Uniklinik RWTH Aachen. Für die W 1 Professur wechselte der JARA-BRAIN Wissenschaftler vom Neurospin bei Paris nach Aachen.
Herr Prof. Bzdok, was ist Ihr Forschungsschwerpunkt?
Ich bin gleichermaßen neurowissenschaftlich und methodisch interessiert. Inhaltlich beschäftige ich mich damit, wie sich sozialpsychologische und gesellschaftliche Phänomene neurobiologisch im menschlichen Gehirn darstellen. Im Gehirn gibt es wahrscheinlich keine Regionen, die ausschließlich Informationen über Andere verarbeiten. Die sozialaffektiven Neurowissenschaften ordnen sich so zwangsläufig in die allgemeineren System-Neurowissenschaften ein.
Methodisch interessiere ich mich für hoch-dimensionale Statistik (auch "statistical learning" oder "machine-learning" genannt). Sie beschäftigt sich damit, wie strukturiertes Wissen automatisch aus komplexen und großen Datensätzen mit möglichst wenigen Annahmen geborgen werden kann.
Welche Forschungsvorhaben laufen momentan?
Inhaltlich haben wir das für sozialaffektive Prozesse wichtige "default-mode" Netzwerk über die letzten Jahre mit Parzellierungsmethoden charakterisiert. Das default-mode Netzwerk, auch Ruhezustandsnetzwerk genannt, umfasst eine Gruppe von Gehirnregionen, die beim Nichtstun aktiv werden und beim Lösen von Aufgaben deaktiviert werden. Die Analyse des Netzwerks möchten wir in den kommenden Monaten und Jahren um mehrere alternative Zugänge erweitern: Clustering der Netzwerk-Hierarchien dieser neuronalen Prozesse, "Störung" der Verarbeitung in diesem Netzwerk mit virtuellen Läsionen (rTMS) und Oszillationsdynamik in unterschiedlichen Frequenzbändern (MEG).
Methodisch experimentieren wir mit neuen "Schätzern" für Zusammenhänge speziell in großen, tendenziell multi-zentrischen Bildgebungsdatensätzen. Diese können diverse Vorteile gegenüber klassischen Methoden haben, sowohl aus statistischer als auch interpretatorischer Sicht.
Was hat Sie an der Stelle an der RWTH Aachen gereizt?
Die RWTH ist ein international sehr sichtbarer Standort. Für die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Uniklinik RWTH Aachen sprachen die Anzahl, Bandbreite und Qualität der Arbeitsgruppen in den bildgebenden Neurowissenschaften sowie die Möglichkeit, sich mit einer unabhängigen Arbeitsgruppe in dieses erfolgreiche Umfeld zu integrieren.
Parallel zur Aachener Professur arbeiten Sie im Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) am Forschungszentrum Jülich. Wo sehen Sie interessante Kooperationsmöglichkeiten im Rahmen von JARA-BRAIN?
Das Forschungszentrum bietet eine herausragende personelle und infrastrukturelle Ausstattung, beispielsweise durch die gute Zusammenarbeit zwischen dem Jülich Supercomputing Centre und den verschiedenen Instituten für Neurowissenschaften und Medizin. Die Jülich-Aachen-Achse spielt zudem eine wichtige Rolle im europäischen Forschungsvorhaben "Human Brain Project".