Welchen Einfluss haben Gene auf unser Gehirn?
Neues Tool zur Genexpression ermöglicht Aktivität von Genen in Hirnarealen zu lokalisieren
Das komplexeste Organ des menschlichen Körpers ist mit Abstand das Gehirn. Mit seinen etwa 5,8 Millionen Kilometern an Nervenbahnen, stellt das Verstehen dieses Netzwerks bis heute eine der größten Herausforderungen für die Wissenschaft dar. Seit einigen Jahren arbeiten daher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit an der Kartierung des menschlichen Gehirns, um die Funktionsweise besser nachvollziehen zu können. Dabei legen die unterschiedlichen, groß angelegten Projekte jeweils andere Schwerpunkte. Ergebnis der verschiedenen Ansätze sind Gehirn-Atlanten, die einen bestimmten Aspekt beleuchten. Bisher gibt es allerdings noch keine allumfassende Betrachtung des Gehirns, die Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Ergebnissen ermöglichen würde.
JuGEx verknüpft Gehirn Atlanten
Nun hat das Team um Prof. Katrin Amunts, JARA-BRAIN Mitglied und Leiterin des Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1) am Forschungszentrum Jülich, ein Tool entwickelt, dass die Verbindung von zwei Gehirn-Atlanten erfolgreich ermöglicht. Mit Hilfe des neu entwickelten JuBrain Gene Expression Tool (JuGEx) verbinden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den JuBrain Atlas mit dem Allen Brain Atlas. Fokus des Allen Brain Atlas, der am Allen Brain Institute in Seattle (USA) erstellt wurde, ist die Expression von Genen. Anhand der Karte ist ersichtlich, in welchem Maße bestimmte Gene in speziellen Zelltypen aktiv sind. Hingegen zeigt der JuBrain Atlas eine Karte der verschiedenen Hirnbereiche. Basis sind die verschiedenen Zellarchitekturen. JuGEx ermöglicht nun diese beiden Karten miteinander zu verknüpfen und liefert einen Überblick der Aktivität verschiedener Gene in den unterschiedlichen Hirnarealen.
Erste Erkenntnisse
Das Verfahren hat den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bereits erste Erkenntnisse in Bezug auf Hirnveränderungen, die mit einer Depression einhergehen, geliefert. Bei Patienten, die an Depressionen leiden, wurde ein reduziertes Volumen der grauen Hirnsubstanz im Bereich des medialen Frontpols festgestellt. Mit Hilfe des Gene Expression Tools JuGEx untersuchten die Forscherinnen und Forscher das Vorkommen einer Reihe von Genen, die möglicherweise am Entstehen einer Depression beteiligt sein könnten. Im Rahmen der Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Aktivität von zwei der zuvor in Betracht gezogenen Gene in dem betreffenden Hirnareal signifikant höher war.
Es handelte sich dabei um das MAOA-Gen, das ein Enzym kodiert, dass am Abbau von Neurotransmittern wie zum Beispiel Serotonin beteiligt ist. Das zweite Gen TAC1 produziert Hormone, die bei Neuronen-Anregungen und Verhaltensreaktionen eine Rolle spielen.
JuGEx wurde im Rahmen des Europäischen Human Brain Project (HBP) entwickelt, Prof. Amunts ist die wissenschaftliche Direktorin des HBP und leitet die Entwicklung des HBP-Atlasses. Ein Anspruch des Human Brain Projects ist es, die entwickelten Tools kontinuierlich zu optimieren. JuGEx wird daher in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Allen Brain Institute zukünftig weiterentwickelt.