Wandelbar und flexibel: Erkenntnisse zum Übergang vom Mikrogel zum Polymer
Mikrogele sind hoch anpassbar und können aus verschiedensten Materialien bestehen. Ihre Struktur ist ein Netzwerk aus dreidimensional verknüpften Polymeren. Durch hydrophile Polymerkomponenten können die nur wenige Nanometer großen Netzwerke auf ein beträchtliches Volumen quellen. Gequollene Mikrogele, auch „Nanoschwämme“ genannt, weisen besondere Eigenschaften auf, die im Rahmen einer Studie des Teams rund um JARA-SOFT Direktor Prof. Walter Richtering untersucht wurden. Der Fokus der Studie lag auf dem Übergang vom Mikrogel zum Polymer.
Extrem niedrig vernetzte Mikrogele von drei bis zwei Dimensionen
Anhand des Vernetzungsgrades von Mikrogelen lassen sich verschiedene Eigenschaften dieser weichen Materialien erkennen. Weisen die Mikrogele beispielsweise eine höhere strukturelle Vernetzung auf, zeichnen sie sich durch eine größere Steifheit aus und verhalten sich mehr wie Kolloide. Das internationale Forscherteam untersuchte in der Studie extrem niedrig vernetzte Poly(N-isopropylacrylamid)-Mikrogele (ULC), die sich je nach Umgebung wie Kolloide oder flexible Polymere verhalten können. Verschiedene äußere Reize bewirken die Änderung der Eigenschaften dieser Mikrogele.
Mittels Kleinwinkel-Neutronenstreuung konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die Struktur der ULC-Mikrogele in wässriger Massenlösung durch ein Dichteprofil gekennzeichnet ist, das vom Zentrum bis zu einer unscharfen Oberfläche gleichmäßig zerfällt. Ihr Phasenverhalten und ihre rheologischen Eigenschaften entsprechen denen von Kolloiden, die mit einem weichen Potential interagieren. Wenn diese Mikrogele jedoch an einer Öl-Wasser-Grenzfläche eingeschlossen sind, ähnelt ihr Verhalten dem von flexiblen Makromolekülen. Sobald Monoschichten von extrem niedrig vernetzten Mikrogelen komprimiert, auf einem festen Substrat abgeschieden und mit der Rasterkraftmikroskopie untersucht werden, wird eine konzentrationsabhängige Topographie beobachtet. Je nach Kompression können sich diese Mikrogele als flexible Polymere verhalten, die das Substrat mit einem gleichmäßigen Film bedecken, oder als kolloidale Mikrogele, die zu einer Monoschicht aus Teilchen führen.
Aufgrund der neuen Erkenntnisse ist es möglich, schaltbare Beschichtungen mit maßgeschneiderten Eigenschaften herzustellen, die beispielsweise in Biosensoren für den Nachweis von Pestiziden eingesetzt werden können. Weiterhin eignen sich solche Mikrogele für nachhaltige Prozesse in der Biokatalyse.
Ein internationales Team
An der zu Grunde liegenden Studie war ein internationales Team von Forscherinnen und Forschern des Institute of Physical Chemistry und des DWI - Leibniz Institute for Interactive Materials der RWTH Aachen University, des Jülich Centre for Neutron Science (JCNS) at Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ) am Forschungszentrum Jülich, des Laboratory for Interfaces, Soft Matter and Assembly, Department of Materials der ETH Zurich (Schweiz), und des Physics Department, Lomonosov Moscow State University (Russland) beteiligt. Die Studie entstand im Sonderforschungsbereich SFB 985 "Funktionelle Mikrogele und Mikrogelsysteme", der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird.
Die Untersuchungen wurden jüngst in der Fachzeitschrift „nature communications“ veröffentlicht.
Originalpublikation