Mit COSY auf der Suche nach dem elektrischen Dipolmoment
Die Zusammensetzung des Universums ist höchst unausgewogen. Grund hierfür ist der Urknall und das damit verbundene Verschwinden der Antimaterie. Die vorherrschende Annahme geht jedoch davon aus, dass nach dem Urknall gleich viel Materie wie Antimaterie entstanden ist. Da sich die beiden Formen gegenseitig auslöschen, hätten sie sich komplett auflösen müssen. Entgegen der Annahme ist es jedoch zu einem Ungleichgewicht gekommen. Würden die Bestandteile des Universums in Waagschalen gelegt werden, würde sich auf der einen Seite eine riesige Menge Materie stapeln, auf der anderen Schale hingegen kaum Antimaterie. Die Waage schlüge also zugunsten der Materie aus und hätte somit ein unausgeglichenes Verhältnis.
Ein herausforderndes Forschungsgebiet der Physik ist die Frage nach den Gründen für das Ungleichgewicht von Materie zu Antimaterie. Beruht diese Disparität auf reinem Zufall oder ist sie eine Folge bestimmter Asymmetrien der physikalischen Naturgesetze?
Mithilfe von Teilchenbeschleunigern versuchen Wissenschaftler seit einigen Jahrzehnten die Mechanismen, die zur Materie-Antimaterie-Asymmetrie geführt haben, zu identifizieren. Der Jülicher Hadronenbeschleuniger COSY (Cooler Synchrotron) wird zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Asymmetrien liefern. Durch die Verlagerung weiterer Experimente zur Hadronenphysik an den Beschleunigerkomplex FAIR in Darmstadt, ist es möglich COSY zur Forschung im Rahmen des Projektes JEDI zu nutzen. JEDI (Jülich Electric Dipole Investigations) ist ein Experiment, in dem sich internationale Wissenschaftler der Frage widmen, ob geladene Teilchen ein elektrisches Dipolmoment besitzen.
Das elektrische Dipolmoment entsteht, wenn die positiven und negativen Ladungsträger in einem Objekt unterschiedliche Schwerpunkte haben. Der Nachweis eines EDM wäre somit Erklärungsansatz für das Verschwinden der Antimaterie nach dem Urknall.
Um die Messungen vor unerwünschten Störfaktoren, wie etwa der Erdanziehungskraft, zu schützen, ist die stetige Weiterentwicklung der Beschleunigertechnologie ein zentrales Anliegen der Forscher.
So wurde der neue 2MeV (Megavolt) Elektronenkühler am Jülicher Hadronenbeschleuniger „Cooler Synchrotron“ (COSY) in Betrieb genommen, um noch genauere Messergebnisse zu erzielen. „Im Prinzip wird ein Elektronenstrahl am Hadronenstrahl vorbeigeführt. Dabei werden, durch Zusammenstöße, unerwünschte Seitwärtsbewegungen der Hadronen auf die Elektronen übertragen. Im Ergebnis bekommt der Hadronenstrahl ein schmaleres Profil, sprich: er wird gekühlt.“ erklärt Prof. Andreas Lehrach, der eine W2 Professur an der RWTH Aachen erhalten hat und Mitglied von JARA-FAME ist. Ziel seiner Arbeit ist die Suche nach elektrischen Dipolmomenten geladener Teilchen. Dafür ist die Inbetriebnahme des Systems ein wichtiger Meilenstein. Die Ausstattung des Hadronenbeschleunigers COSY mit dem leistungsstärkeren Elektronenkühler wurde in enger Zusammenarbeit mit dem „Budker Institute of Nuclear Physics“ in Novosibirsk entwickelt.
Langfristig sollen die Versuche zur Entwicklung eines neuen Speicherrings führen, bei dem die Protonenstrahlen gegenläufig aneinander vorbeilaufen können. Daher wird COSY vor allem auch die Entwicklung von Geräten und Messverfahren genutzt. Geleitet werden die Untersuchungen von der neuen Leiterin des Bereichs Kernphysikalische Großgeräte am Institut für Kernphysik (IKP-4) Prof. Mei Bai.
Weitere Informationen sind auf der Website des Forschungszentrums Jülich zu finden.