Erfolgreiche Therapie-Alternative für Anorexia nervosa Patientinnen
An der Vergleichsstudie nahmen insgesamt180 Patientinnen teil, die zur Hälfte stationär, zur Hälfte in Tageskliniken betreut wurden (Fotoquelle: Oliver Le Moal/shutterstock.com).
Magersucht (Anorexia nervosa) ist eine gravierende psychische Erkrankung, die insbesondere bei jungen Mädchen auftritt. Die Rückfallquote und die Mortalitätsrate sind hoch. Zudem fallen vielen Jugendlichen die stationäre Aufnahme und die damit verbundene Trennung von Zuhause schwer. Eine große multizentrische Vergleichsstudie zeigt nun, dass eine tagesklinische Behandlung ebenso erfolgreich wie eine stationäre Therapie sein kann. Die Studienergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ publiziert.
„Jugendliche empfinden eine stationäre Behandlung, die oft Wochen und Monate dauert, als sehr belastend“, erläutert die JARA-BRAIN Wissenschaftlerin Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann. „In der Tagesklinik dagegen werden die Betroffenen lediglich von 8 bis 17 Uhr betreut und können den Abend und die Nacht sowie die Wochenenden in ihrem gewohnten Umfeld verbringen.“ Die Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Kinder- und Jugendalters an der Uniklinik RWTH Aachen initiierte die randomisierte Vergleichsstudie, an der rund 180 Patientinnen der Unikliniken Aachen, Freiburg, Würzburg und Berlin sowie Betroffene, die in den Städtischen Kliniken Köln behandelt wurden, teilnahmen.
In beiden Behandlungsgruppen wurde das gleiche Therapiekonzept angewendet
Alle Studien-Teilnehmerinnen wurden zu Beginn drei Wochen lang stationär betreut. Danach erfolgte eine zufällige Aufteilung in die tagesklinische beziehungsweise stationäre Behandlungsgruppe. In den darauf folgenden Wochen und Monaten wurde in beiden Gruppen das gleiche Therapiekonzept angewendet. „Die Vergleichsstudie ist ohne Vorbild. Aufgrund der Schwere der Magersuchtserkrankung, die mit vielen körperlichen Komplikationen verbunden sein kann, wurde eine tagesklinische Behandlung bisher noch nie systematisch erprobt“, berichtet Beate Herpertz-Dahlmann.
Tagesklinische Betreuung war zudem um 20 Prozent günstiger
Nach 15-wöchiger Therapie zogen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Bilanz. „Unsere Hoffnung hat sich im vollsten Umfang erfüllt“, erläutert die Aachener Kinderpsychiaterin. Das wichtigste Ergebnis: Die Gewichtszunahme in beiden Behandlungsgruppen zeigte keine Unterschiede auf. Zudem hatten die Probandinnen, die tagesklinisch betreut wurden, weniger psychische Probleme als die vollstationär behandelten. Auch volkswirtschaftlich war die neue Behandlungsalternative ein Erfolg: „Die Kosten der tagesklinischen Betreuung lagen um 20 Prozent niedriger“, so die JARA-BRAIN Wissenschaftlerin Beate Herpertz-Dahlmann.
Der Erfolg der Vergleichsstudie bestätigt den eingeschlagenen Weg, AN-Patientinnen tagesklinisch betreuen zu lassen. Die beteiligten Kliniken praktizieren dies bereits. Ziel der Beteiligten ist es jedoch, die tagesklinische Behandlung als Standardtherapie für magersüchtige Patientinnen in Deutschland zu etablieren.
Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann: "Die Gewichtszunahme in beiden Behandlungsgruppen zeigte keine Unterschiede auf."