Modellprojekt zu gewaltbetroffenen Männern
Männer sind nicht nur Täter
Raufbold, Hitzkopf, Schlägertyp, Rabauke – alle diese Begriffe haben zwei Dinge gemeinsam, einerseits sind es Bezeichnungen für Personen, die ihr Temperament nicht unter Kontrolle haben, die andere Gemeinsamkeit: der Genus ist maskulin. Dies kommt nicht von ungefähr, zählen doch Männer als „die Täter“, wenn es um Gewalt geht. Der Schein trügt allerdings, denn häufiger als gedacht sind Männer Opfer von Gewalt.
Das Modellprojekt „G.M.G.R. – Gewaltbetroffene Männer: Gesundheits- und Risikoverhalten“ untersucht seit Mitte 2016 die Häufigkeit, Art und Auswirkung von Gewalt gegenüber Männern. Prof. Ute Habel, JARA-Professorin am JARA-Institut Brain structure function relationships: Decoding the human brain at systemic levels sowie leitende Psychologin an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik leitet das durch die Europäische Union und das Land NRW geförderte Projekt.
Ausschlaggebend für die Beantragung des Projektes waren die Ergebnisse der Vorgängerstudie. Anhand von 5.000 anonym ausgefüllten Fragebögen ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass von den männlichen Teilnehmern rund 38 Prozent verschiedene Arten von Gewalt erfahren hatten. Im Rahmen des G.M.G.R. Projektes sollen diese Erkenntnisse nun verifiziert und differenziert werden. Eine Prävalenzanalyse, die an verschiedenen Kliniken der Städteregion Aachen und des Ennepe-Ruhr-Kreises sowie aus Bewährungshilfen und Täterprogrammen durchgeführt wird, ermittelt ob sich der hohe Anteil gewaltbetroffener Männer in klinischen Kontexten bestätigen lässt. Darüber hinaus ist von Interesse, welche Formen der Gewalt erfahren wurden und welche Gesundheits- und Risikobelastungen daraus resultieren. Ziel ist es, bedarfsgerechte Hilfeprogramme zu entwickeln, die an die Anforderung der betroffenen Männer angepasst sind.
Die Entwicklung eines angemessenen Hilfeangebotes ist eine wichtige Herausforderung des Projektes. Die Schwierigkeit besteht darin, dass gewaltbetroffene Männer seltener Beratungsstellen aufsuchen, um das Erlebte aufzuarbeiten. Die Beratungsangebote müssen daher auf die spezifischen Bedürfnisse der Männer abgestimmt werden. Während der Projektlaufzeit steht ein webbasiertes Beratungsangebot, bestehend aus einem Live-Chat und Informationen sowie eine Face-to-Face Modellberatung, als erste Anlaufstelle für Hilfesuchende zur Verfügung. Zudem richteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Beratungsraum im Eingangsbereich der Uniklinik RWTH Aachen ein, der den Betroffenen Zugang zu schneller Hilfe ermöglicht.
Weitere Informationen zum Modellprojekt „G.M.G.R. – Gewaltbetroffene Männer – Gesundheits- und Risikobelastungen“ bekommen Sie unter www.gmgr.de