Sechste JARA-Sektion startet mit großartigem Auftakt
Am 13. Mai 2015 wurde die Gründung der neuen Sektion JARA-SOFT (Soft Matter Science) mit einem Festakt gefeiert. JARA-SOFT widmet sich der multidisziplinaren Erforschung der Weichen Materie. Weiche Materie umfasst sowohl synthetische und biologische Makromoleküle als auch kolloidale und amphiphile Systeme. Ihre Einsatzmöglichkeiten reichen vom Medikamententransport im Körper bis zur verbesserten Straßenhaftung von Autoreifen. Die im Soft Matter Bereich vorhandenen Expertisen am Forschungszentrum Jülich, dem Leibniz-Institut DWI sowie der RWTH Aachen University ergänzen sich hervorragend und liefern das Fundament für die erfolgreiche Forschung in JARA-SOFT.
Direktoren der neuen Sektion sind Prof. Jan K.G. Dhont vom Institute of Complex Systems, Weiche Materie (ICS-3) am Forschungszentrum Jülich und Prof. Walter Richtering vom Institut für Physikalische Chemie, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der RWTH Aachen University. Geschäftsführerin ist Dr. Katja Schöler aus der Unternehmensentwicklung des Forschungszentrum Jülich.
Die neue Sektion stellt sich vor
Rund 200 interessierte Zuhörer fanden sich im Hörsaal der Zentralbibliothek des Forschungszentrum Jülich ein und folgten gespannt den Vorträgen der hochkarätigen Sprecher. In einer von Prof. Sebastian M. Schmidt Talk-Runde stellten die Redner die Vorzüge von JARA und der neuen Sektion JARA-SOFT heraus. Unter dem Motto „Materialentwicklung – mit den Tricks und Kniffen der Natur“ soll zukünftig die Herstellung „intelligenter“ Materialien, die sich an den Eigenschaften der Natur orientieren ermöglicht werden. Die Erforschung der Eigenschaften der natürlichen Materialien ist hierzu der Grundstein.
Durch die Jülich Aachen Research Alliance erhalten die Wissenschaftler für die Forschung an Weicher Materie (Soft Matter) einen entscheidenden Vorteil, sie können die Infrastrukturen und Expertisen der beiden Partner Forschungszentrum Jülich und RWTH Aachen gemeinsam nutzen. Prof. Rudolf Mathar, Prorektor für Forschung und Struktur an der RWTH Aachen University, ist sich sicher, dass gerade diese Struktur junge exzellente Wissenschaftler anzieht und sie sich auf dieser Basis gerne für ein Studium, eine Promotion oder das Arbeiten in Aachen und Jülich entscheiden. Abschließend stellte Prof. Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrum Jülich, die Ausrichtung von JARA unter dem Motto „Science first“ als besonderen Erfolgsfaktor der neuen Sektion und der gesamten Kooperation dar.
Die Trends der Soft Matter Forschung sieht JARA-SOFT Direktor Prof. Jan K.G. Dhont in funktionellen Materialien und der Biophysik. Somit steht nicht nur die Entwicklung synthetischer Materialien und Kombinationen aus Synthetik- und Biomolekülen im Zentrum der Sektion, sondern vor allem auch das Verständnis von Biosystemen und biologischen Prozessen. JARA-SOFT ist für diese Aufgaben gut aufgestellt, da die Wissenschaftler der RWTH Aachen den Bereich der Chemie hervorragend abdecken und durch die exzellente Expertise des Forschungszentrum Jülich im Bereich Physik ergänzt wird. Die interdisziplinäre Aufstellung von JARA-SOFT ist auch für Prof. Walter Richtering, ebenfalls Direktor der von JARA-SOFT, ein besonderes Erfolgskonzept.
Weiche Materie Forschung in Jülich und Aachen
Auch Prof. Dieter Richter, vom Institute of Complex Systems, Neutronenstreuung (JCNS-1/ICS-1) des Forschungszentrum Jülich, betonte die Vorzüge der gemeinsamen Forschung in JARA-SOFT. In seinem Vortrag stellte Prof. Richter die Weiche Materie Forschung in Jülich vor. Aufgrund der Komplexität des Forschungsgebietes ist die Vernetzung nicht nur für die Forschung am Forschungszentrum Jülich, sondern auch für die RWTH Aachen essentiell.
Die Weiche Materie Forschung vereint verschiedene Disziplinen, um die Natur zu verstehen, von ihr zu lernen und die Erkenntnisse in modernste Materialien umsetzen zu können. Durch JARA-SOFT und die gemeinsame Nutzung der Expertise und Infrastruktur entsteht eine Win-Win-Situation für beide Forschungspartner und es ergeben sich neue Möglichkeiten, um die Fragen der Gesellschaft zu beantworten.
Die Arbeit im Bereich Soft Matter Science an der RWTH Aachen stellte Prof. Martin Möller vom Lehrstuhl für Textilchemie und makromolekulare Chemie an der RWTH Aachen University und DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien e.V. vor. Er wies darauf hin, dass die Weiche Materie Forschung noch ziemlich am Anfang steht. Es geht darum, ein Verständnis der Vorgänge und der Zusammenhänge der Komponenten in Biomaterialien zu erhalten. Jedoch sind beispielsweise auf dem Weg zur Selbstorganisation von Systemen noch einige Stufen zu nehmen. Besonders wichtige Fragen sind in diesem Zusammenhang, wie sich biologische Systeme selbstorganisieren und wie sich diese Vorgänge auf Weiche Materie Systeme übertragen ließen. Die Ergebnisse der Forschung werden in jedem Fall dazu beitragen die Ansprüche der Gesellschaft nach Nachhaltigkeit, sauberer Energie, Ressourceneinsparung, Mobilität und Gesundheit zu befriedigen
Hochkarätiges Rahmenprogramm
Im Rahmen einer Postersession hatten junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gelegenheit, ihre laufenden Projekte im Bereich der Weiche Materie Forschung vorzustellen. Im Anschluss betraten vier international bekannte Wissenschaftler das Podium, um einen Einblick in die Soft Matter Science zu geben.
Prof. Peter Schurtenberger von der Lund University in Schweden sprach unter dem Titel „Soft colloids as model atoms and (bio-)molecules“ über kolloidale Systeme. Kolloide sind Teilchen, die in einer Flüssigkeit, einem Gas oder festen Stoff fein verteilt sind. Je nach Zusammensetzung und Außenbedingungen gibt es interessante Wechselwirkung zwischen den Teilchen.
Im Vortrag von Prof. Ludwik Leibler, von der ESPCI Paris in Frankreich, standen Nanopartikel im Fokus. Wie es der Titel „Adhesion and biological tissues repair by nanoparticel solutions“ bereits verrät, waren die Ausführungen von Prof. Leibler auf den medizinischen Aspekt der Weiche Materie Forschung ausgerichtet. Gerade für die Medizin hält die Soft Matter Science noch viele Möglichkeiten und Chancen bereit, die die heutige Krankenversorgung entscheidend voranbringen können. Nur ein Beispiel in diesem Zusammenhang ist hier der Einsatz von Nanopartikeln als „Kleber“ in der zukünftigen Chirurgie.
Die Ausrichtung des Vortrags von Prof. Jan Vermant, ETH Zürich in der Schweiz, beleuchtete die Schnittstellen an denen Weiche Materie zum Einsatz kommen kann. Unter dem Titel „Soft Matter at Interfaces: from the Human Lung to Oil Fields“ beleuchtete er die Vielseitigkeit des Forschungsfelds. Vor allem die Einsetzbarkeit von Weicher Materie an Grenzflächen in völlig verschiedenen Bereichen, etwa in der Behandlung von Lungenkrankheiten und gleichzeitig in moderner Ölfeld-Technologie.
Zum Abschluss sprach Prof. Luis M. Liz-Marzán, CIC biomaGUNE in Spanien, über „SERS-encoded particles for bio-imaging“. Mit Hilfe von speziell beschichteten Nanopartikeln kann das Untersuchungsverfahren der Surface Enhanced Raman Spektroskopie noch genauere Ergebnisse liefern und ermöglicht biosensing und bioimaging z.B. in der Immunologie. Weiche Materie dient hier somit der Weiterentwicklung von bestehenden Untersuchungsmethoden und erweitert das Anwendungsspektrum.
Die Gründung der Sektion JARA-SOFT ist ein weiterer Meilenstein der Jülich Aachen Research Alliance und unterstreicht einmal mehr das Konzept der Kooperation. Zukünftig wird die Forschung im Soft Matter Bereich dazu beitragen, die drängenden Fragen der Gesellschaft zu beantworten. Wichtig dazu ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Bereiche Physik, Chemie, Biologie und Verfahrenstechnik. Aufgrund der hervorragenden Expertise in allen Bereichen hat JARA-SOFT großes Potenzial erfolgreiche Forschungsarbeit zu leisten und spannende Ergebnisse zu liefern.
Fotos: © Jülich Aachen Research Alliance/Ralf-Uwe Limbach