Wissenschaftler entdecken geschützte Stromkanäle an der Oberfläche von Kristallen
Ein Team von Wissenschaftlern der RWTH Aachen, des Forschungszentrums Jülich, der TU Dresden, des Max-Planck-Instituts für Physik komplexer Systeme Dresden und des Leibniz-Instituts für Festkörper und Werkstoffforschung Dresden hat auf der Oberfläche eines Kristalls kanalförmige Strompfade nachgewiesen, die durch das Volumen des Kristalls geschützt sind.
Auch bei Modifikationen an der Oberfläche des Materials bleibt die Stromleitfähigkeit der Kanäle erhalten. Professor Markus Morgenstern vom RWTH-Lehrstuhl für Experimentalphysik (Festkörperphysik) und Mitglied von JARA-FIT ist begeistert: „Aus der Volumeneigenschaften eines Materials auf dessen Fähigkeit zum Stromtransport an der Oberfläche zu schließen, ist nicht nur verblüffend, sondern sichert auch eine extrem robuste Funktionalität.“
Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen die Wissenschaftler von JARA-FIT zusammen mit ihren Kollegen aus Dresden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift Nature Physics unter dem Titel „Subnanometre-wide electron channels protected by topology“.
Seit etwa sieben Jahren arbeiten Wissenschaftler weltweit intensiv an einem neuen Zugang zur Beschreibung des Stromtransports in Festkörpern. Im Rahmen des Forschungsbereichs Topologie wird aus den Volumeneigenschaften eines Materials auf dessen Fähigkeit zum Stromtransport an der Oberfläche geschlossen. Die Stromleitfähigkeit eines gewöhnlichen Körpers wird durch sein Volumen bestimmt, Veränderungen am Volumen des Körpers führen auch zu Veränderungen hinsichtlich der Stromleitfähigkeit.
Neue Methode
Bei der neuen Methode findet man Materialien, bei denen der Strom nur an der Oberfläche des Körpers fließt. Naheliegend wäre, dass dann Veränderungen der Oberfläche notwendig sind, um die Stromleitfähigkeit zu beeinflussen. Dem ist aber nicht so. Auch hier muss man das Volumen des Körpers verändern, um die Leitfähigkeit zu beeinflussen. Man spricht von topologisch geschützter Oberflächenleitfähigkeit. Die aktuelle Entdeckung erweitert dieses Konzept auf eindimensionale Kanäle, entlang derer der Strom mit dem gleichen topologischen Schutz fließen kann, also auf eine topologisch geschützte Kanalleitfähigkeit.
Die Wissenschaftler entdeckten die Strompfade jetzt mit Hilfe der Rastertunnelspektroskopie, einer Methode, mit der man Elektronenpfade sichtbar macht. Die gefundenen Pfade sind nur etwa vier Atome breit. Sie laufen entlang aller Stufen auf der Oberfläche, das heißt überall dort, wo die Oberfläche eine Stufe aufweist, befindet sich automatisch ein Stromkanal. Da man mit feinen Spitzen solche Stufen künstlich in die Oberfläche hineinritzen kann, ist der Stromverlauf mit Nanometer-Genauigkeit festlegbar. Die Pfade transportieren nicht nur Strom, sondern gleichzeitig magnetische Informationen, so dass eine direkte Kombination mit magnetischen Speicherzellen eine mögliche Anwendung wäre.
Momentan arbeitet das Team am Nachweis der zu erwartenden idealen Stromtransporteigenschaften und denkt über künftige Einsatzmöglichkeiten nach.
Die Jülich Aachen Research Alliance, kurz JARA, ist ein deutschlandweit einzigartiges Kooperationsmodell der RWTH Aachen und des Forschungszentrums Jülich. Sie überwindet das Nebeneinander von universitärer und außeruniversitärer Forschung und Lehre, um komplexen Fragestellungen mit vereinter Forschungskompetenz und –kapazität zu begegnen. Die RWTH Aachen und das Forschungszentrum Jülich verknüpfen in JARA gezielt Forschungsfelder, auf denen sich ihre jeweiligen spezifischen Stärken wirkungsvoll ergänzen, und schaffen unter dem Motto „Kompetenzen bündeln, gemeinsam Forschen, Zukunft gestalten“ ein wissenschaftliches Umfeld der Spitzenklasse.
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