Neue Ergebnisse im SFB 917 „Nanoswitches“
Schnellere und energieeffizientere Speicher
Im Sonderforschungsbereich 917 forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter dem Dach der JARA gemeinsam an sogenannten resistiv schaltenden Chalkogeniden. Nun wurde ein neues physikalisches Phänomen in Phasenwechselmaterialien gefunden, dass das Potenzial hat, Elektronikanwendungen signifikant zu verbessern.
Phasenwechselmaterialien gehören zu den vielversprechendsten Kandidaten für zukünftige Speichertechnologien. Die Materialien lassen sich reversibel zwischen dem amorphen und kristallinen Zustand schalten. Da die Phasenumwandlung auch mit einer ausgeprägten Änderung der optischen und elektronischen Eigenschaften einhergeht, wurden diese Materialien kürzlich in einem kommerziellen nichtflüchtigen Speicher (OPTANE-Speicher von Intel und Micron) eingeführt. Dieser ist etwa hundertmal schneller als der aktuelle Flash-Speicher. Die zunehmende Bedeutung von Verfahren der künstlichen Intelligenz und der damit verbundene Wunsch, immer größere Datensätze zu analysieren sowie die Notwendigkeit, den Energieverbrauch der Menschheit zu reduzieren, stellen große Anforderungen an elektronische Datenspeicher. Es ist daher zwingend erforderlich, ihre Arbeitsgeschwindigkeit weiter zu erhöhen und ihren Energieverbrauch zu senken. Geforscht wird hierzu an der RWTH Aachen im Rahmen des SFB 917 „Resistiv schaltende Chalkogenide für zukünftige Elektronikanwendungen: Struktur, Kinetik und Bauelementskalierung ‚Nanoswitches‘“.
Forschende der RWTH unter der Leitung von Professor Matthias Wuttig, Lehrstuhl für Experimentalphysik I A sowie JARA-Institut Green IT, und Dr. Shuai Wei, Lehrstuhl für Experimentalphysik I A, zeigen nun in Zusammenarbeit mit der Huazhong University of Science and Technology in China eine mögliche Lösung für dieses Problem. Sie entdeckten ein physikalisches Phänomen namens β-Relaxation in den Phasenwechselmaterialien und stellten fest, dass sich einige Atome in bestimmten Regionen viel schneller bewegen als die meisten anderen Atome. „Die Beobachtung einer schnellen lokalen Atombewegung in amorphen Phasenwechselmaterialien ist interessant und unerwartet, da ein solcher Prozess in herkömmlichen kovalenten Gläsern nicht existiert“, erklärt Wei. „Amorphe Phasenwechselmaterialien gehören offenbar zu einer unkonventionellen Art von kovalenten Gläsern“.
Diese schnellen Atome können den Kristallisationsprozess erleichtern und die Schaltgeschwindigkeit in Computerspeichern erhöhen. Das Verständnis des neuen physikalischen Phänomens bietet Möglichkeiten für die Modifikation lokaler Bewegungen auf atomarer Ebene, die wiederum zur Steuerung der Schaltkinetik in Phasenwechselspeichern und zur Senkung des Energieverbrauchs genutzt werden können. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science Advances“.
Die RWTH Innovation GmbH unterstützt die Forschenden aktuell dabei, das technologische Potenzial auszuschöpfen und ein neues Gerätekonzept in Phasenwechselspeichern zu patentieren.