Weg zu weiterer Miniaturisierung von FeRAM
Ferroelectric Random Access Memory, kurz FeRAM, sind Arbeitsspeicher und Datenspeicher in Einem. Das spart Zeit und Energie, die bei herkömmlichen Computern für den Transport der Daten zwischen beiden Einheiten nötig sind. Zudem bleiben die gespeicherten Daten auch ohne Stromversorgung erhalten. Schreibgeschwindigkeit und Lebensdauer solcher Bauteile sind bereits hervorragend und erste FeRAM im Einsatz, zum Beispiel in Chipkarten oder RFID-Etiketten. Noch lassen sich jedoch vergleichsweise wenige Daten auf einem FeRAM unterbringen, weil der Raumbedarf für die Speicherung einzelner Bits zu groß ist. Neuste elektronenmikroskopische Untersuchungen von Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen zeigen nun einen Weg auf, die Größe von FeRAM-Bits um mehr als den Faktor 100 zu verringern. Maßgeblich an den Untersuchungen beteiligt sind die JARA-FIT Mitglieder Prof. Rafal Dunin-Borkowski, Prof. Joachim Mayer und Prof. Ulrich Simon mit ihren jeweiligen Instituten.
Das Herz der FeRAM sind ferroelektrische Materialien. Sie bestehen aus winzigen Kristallen, die durch ein elektrisches Feld polarisierbar sind. Dabei werden unterschiedlich geladene Ionen im Kristallgitter leicht gegeneinander verschoben, ein Zustand, der auch nach Abschalten des elektrischen Feldes erhalten bleibt. Jeder polarisierte Bereich kann dadurch jeweils ein Informationsbit kodieren. Das elektrische Feld dient ebenfalls zum Auslesen der Daten: Wurde beim Einschreiben die Polarisierung geändert, verrät sich dies durch eine veränderte Stromstärke beim Ausleseprozess. Da bei diesem Leseverfahren der Zellinhalt gelöscht wird, folgt danach wieder ein Schreibvorgang.
Bisherige FeRAM verwenden klassische Ferroelektrika, wie Blei-Zirkonat-Titanat (PZT), das auch aus piezomechanischen Stellelementen bekannt ist. Eine Miniaturisierung solcher FeRAM-Strukturen auf unter 130 nm war bisher in FeRAM nicht möglich. Weil kürzlich in nanokristallinen, nur 10 Nanometer dicken, Filmen aus Hafniumoxid ferroelektrische Eigenschaften entdeckt wurden, nahmen die Forscher aus Jülich und Aachen dieses Material nun ganz genau unter die Lupe. Eine in Jülich entwickelte Methode der Kontrastverstärkung bei ultrahochauflösender Elektronenmikroskopie ermöglichte ihnen, nicht nur die vergleichsweise leicht nachzuweisenden Hafnium-Schwermetallatome sichtbar zu machen, sondern auch die Sauerstoffatome. Dabei kamen besonders hochauflösende Mikroskope am Jülicher Ernst Ruska-Centrum für hochauflösende Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) zum Einsatz, die es ermöglichen, winzigste Verschiebungen der Atome in den Kristallen zu vermessen.
Es zeigte sich, dass besonders solche Strukturen im Hafniumoxid von Interesse sind, an denen zwei Nanokristalle aneinandergrenzen, die sich wie Bild und Spiegelbild gleichen. „In solchen Bereichen fanden wir stabile ferroelektrische Bereiche ab einer Größe von nur vier Kubiknanometern. Das ist eine Größenordnung kleiner als die von uns auf chemischem Wege hergestellten Nanokristalle selbst“, erläutert Dr. Hongchu Du von der RWTH Aachen, derzeit Gastwissenschaftler am Jülicher ER-C. In einem Nanokristall lassen sich demnach zahlreiche polarisierte Bereiche unterbringen und FeRAM-Strukturen im Sub-Nanometer-Bereich werden möglich.
„Interessanterweise entstehen die Polarisierungen hier ohne die meist damit verbundenen Phasenübergange zwischen ferroelektrischer und paraelektrischer Ordnung“, ergänzt Hu. Bei solchen Phasenübergängen ändert sich nicht die Zusammensetzung der Materialien, aber ihre elektrischen Eigenschaften und Muster Sie gehen einher mit Änderungen der Symmetrieeigenschaften. Dies eröffnet bisher nicht erwartete Möglichkeiten, geeignete Strukturen auch in Materialien zu finden, die bisher nicht im Fokus standen. Ideen in diese Richtung haben die Forscher bereits.
„Für die eigentliche Nutzung könnten in einem nächsten Schritt einzelne Nanokristalle in Schaltkreise auf Basis von Nanoelektroden integriert werden“, erläutert Prof. Dr, Ulrich Simon, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Anorganische Chemie der RWTH Aachen. „Daran arbeiten wir innerhalb des Sonderforschungsbereichs “Nanoswitches“, der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert wird, und haben einen vergleichbaren Ansatz für Metall-Nanopartikel bereits mit Kollegen des Peter Grünberg Instituts realisieren können.“
Originalpublikation:
Multiple polarization orders in individual twinned colloidal nanocrystals of centrosymmetric HfO2;
Hongchu Du et al.;
Matter, published January 6, 2021, DOI: https://doi.org/10.1016/j.matt.2020.12.008