Magnetische Momente komplexer Materialien erkunden
Manchmal sind die besonders kleinen Dinge ausschlaggebend. Dies gilt vor allem für die Welt im Nanometerbereich. Prof Markus Ternes ist Wissenschaftler und Lehrender der beiden JARA-Partner RWTH Aachen und Forschungszentrum Jülich. Sein Forschungsgebiet ist die Struktur und Dynamik atomarer und molekularer Modellsysteme. Für seine Forschung hat Ternes nun zusammen mit wissenschaftlichen Kollegen und Kolleginnen aus Straßburg und San Sebastián die Rastertunnelmikroskopie weiterentwickelt, um die nur nanometergroßen magnetischen Strukturen komplexer Materialien zu erkunden und zu verstehen.

Topographische Aufnahme einer kleinen Ansammlung von Kobaltatomen auf einer Kupferoberfläche von 25 mal 25 Nanometer Größe. Ebenfalls zu sehen sind Moleküle, die zur Funktionalisierung der Spitze verwendet werden (Nc). Das winzige Quadrat markiert den Bereich, der in der linken oberen Ecke vergrößert dargestellt ist und der das magnetische Wechselwirkungsfeld von verschiedenen Kobaltatomen darstellt.
Für die Untersuchung einzelner Atome oder Moleküle, setzen Wissenschaftler* bevorzugt Rastertunnelmikroskope ein. Diese Art von Mikroskopen besitzen eine ultrafeine Spitze mit der sie die Probe abtasten. Der Abstand von Mikroskopspitze zur Probe beträgt dabei nur ein Millionstel Millimeter. Um die Auflösung der Mikroskope zu verbessern, haben die Experten seit etwa zehn Jahren die Methode weiterentwickelt. Dafür bringen sie ein kleines Molekül an das Ende der ultrafeinen Spitze an. Zumeist handelt es sich bei dem verwendeten Molekül um ein Kohlenmonoxid- oder Wasserstoffmolekül, welches die räumliche Auflösung deutlich erhöht.
Prof. Markus Ternes und seine Kollegen haben diese Technik nun weiterentwickelt, um magnetische Momente mit atomarer Auflösung zu bestimmen. Dafür hefteten die Forscher ein Molekül mit einem zentralen Nickelatom an die Spitze des Rastertunnelmikroskops. Der Vorteil dieses Moleküls liegt in seinem nichtmagnetischen Grundzustand, der jedoch durch elektrischen Strom leicht in verschiedene angeregte magnetische Zustände gebracht werden kann. Durch seinen neutralen Grundzustand beeinflusst das Nickelatom die Messung nur geringfügig. Mit dieser Methode konnte das internationale Team erstmals die magnetischen Momente gemeinsam mit der atomaren Struktur der Materialoberfläche in nie zuvor erreichter Auflösung und Empfindlichkeit auf atomarer Skala abbilden.

Das Wissen um die magnetischen Strukturen eines Materials ist beispielsweise essentiell für den Einsatz in modernster Informationstechnologie. Die neue Methode trägt dazu bei, dass die Eigenschaften der Materialien besser verstanden werden können. Einsatzgebiete solcher Materialien sind etwa Datenspeicher oder Quantensimulatoren. Darüber hinaus ist die Technik relativ leicht reproduzierbar und könnte daher mit geringem Aufwand auch von anderen Forschergruppen angewendet werden.
Veröffentlicht wurden die Ergebnisse Anfang November in der Fachzeitschrift Science. Der Artikel steht auf der Website des Magazins zur Verfügung.
Weitere Informationen zur Untersuchungsmethode und den Ergebnissen sind auf der Website des Forschungszentrums Jülich nachzulesen.
Veröffentlichung im Fachmagazin nature: https://www.nature.com/articles/d41586-019-03344-3
Zur Person:
Prof. Markus Ternes ist studierter Physiker. Im Rahmen einer Heisenberg-Professur übernahm der gebürtige Duisburger 2018 das Lehr- und Forschungsgebiet Spin Engineering am Lehrstuhl für Experimentalphysik und forscht darüber hinaus am Peter Grünberg Institut, Functional Nanostructures at Surfaces am Forschungszentrum Jülich. Mehr
* Verweis: „Alle in diesem Dokument verwendeten Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen. Auf eine Nennung verschiedener Varianten der Bezeichnungen wird allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet.“