Aachen, Delft und Jülich arbeiten gemeinsam an skalierbaren Quantentechnologien
Weltweit erreichen die Quantenwissenschaften einen immer höheren technologischen Reifegrad. Um in diesem spannenden Forschungsgebiet weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen zu können, sind Kooperationen unerlässlich. Am 20.04.2017 haben das QuTech-Institut in Delft und die Jülich Aachen Research Alliance (JARA), bestehend aus dem Forschungszentrum Jülich und der RWTH Aachen als Projektpartner eine Vereinbarung geschlossen. Künftig wollen sie ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Quantenwissenschaften vertiefen. Die Kooperation hat das Ziel, wissenschaftliche und technologische Entwicklungen im Bereich des Festkörper-Quantencomputing voranzutreiben. Zudem sollen die Aktivitäten der beteiligten Einrichtungen im Rahmen des geförderten EU-Flagship-Programms zur Quantentechnologie gebündelt werden. Das Programm startete im Mai 2016 und sieht ein Fördervolumen in Höhe von einer Milliarde Euro vor.
Die Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer verstärkten Zusammenarbeit führender europäischer Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der festkörperbasierten Quanteninformationsverarbeitung (SQIP) und des Hochleistungsrechnens (HPC). Die beteiligten Einrichtungen bringen ihre jeweilige Expertise ein, um Quantensysteme mit einer hohen Anzahl von kontrollierbaren, zuverlässigen Qubits besser verstehen und auch konstruieren zu können. Zudem möchten die Partner im Forschungsbereich des skalierbaren festkörperbasierten Quantencomputing kooperieren, um skalierbare Quanteninformationsverarbeitung als Informationstechnologie der Zukunft fortzuentwickeln.
Karel Luyben, Rector Magnificus der TU Delft: “Dies ist eine wichtige und hoch spannende Zeit für die europäischen Quantenwissenschaften, die sich mit den besten Forschungsgruppen weltweit im Wettbewerb befinden. Wir sind stolz darauf, dass Delft in diesem Bereich der Hochtechnologieforschung führend vertreten ist, und wir freuen uns, nun mit JARA, einem zentralen Akteur auf dem Gebiet, zusammenzuarbeiten.“
Professor Ernst Schmachtenberg, Rektor der RWTH Aachen, ergänzt: „Bereits 2005 hat die RWTH Aachen auf dem Gebiet der Quanteninformation wissenschaftliche Aktivitäten aufgenommen. Doch erst gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich, in der Allianz JARA, ist es uns möglich, hochqualifizierte Wissenschaftler der Branche in die Region zu holen.“
Professor Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich: „Die Quanteninformation ist ein zentrales Thema im Forschungsfeld Information, das einer der strategischen Schwerpunktbereiche des Forschungszentrums Jülich ist und das es systematisch weiterentwickeln wird. Gemeinsam mit unseren Partnern in Aachen und Delft wollen wir auf den vorhandenen Kompetenzen aufbauen.“
Die Bauelemente dieser Computer der Zukunft sind so genannte „Quantenbits“, kurz Qubits, deren herausragende Eigenschaft darin besteht, die Zustände Null und Eins simultan anzunehmen. Klassische Bits hingegen können nur einen Zustand, entweder Null oder Eins, darstellen. Dieses Superpositionsprinzip birgt somit das Versprechen, die Rechenleistung von Computern dramatisch erhöhen und künftig den stetig wachsenden Bedarf an Rechenleistung decken zu können. Durch das Prinzip der Quantenverschränkung können Qubits miteinander verbunden bleiben, selbst wenn sie sich an verschiedenen Orten befinden. Quantensysteme, die über Distanzen hinweg verschränkt sind, können nun die Basis für Quantennetzwerke und zukünftiges Cloud Computing bilden und somit für Hackerattacken praktisch unangreifbare Kommunikationskanäle schaffen.
Sowohl QuTech als auch JARA sind in den Quantenwissenschaften bestens aufgestellt. QuTech ist seit Jahren erfolgreich in der experimentellen Quantentransportforschung aktiv und stellt vielversprechende Ansätze für die Quanteninformationsverarbeitung bereit. JARA hat bereits bedeutende theoretische Arbeiten im Bereich der Quanteninformationswissenschaften vorgelegt und verfügt zudem über Zugang zu Supercomputern der weltweit höchsten Leistungsklasse.
Professor Ronald Hanson, wissenschaftlicher Direktor von QuTech: “Indem wir die Expertise und das Wissen dieser Forschungspartner zusammenbringen, werden wir in der Lage sein, die Quanteninformationswissenschaften auf die nächste Stufe zu führen. Ich freue mich bereits darauf, in den kommenden Jahren die Früchte dieser Zusammenarbeit ernten zu können.“
Weitere Fortschritte sind nötig, um die Anzahl der Qubits auf einem Quantenchip zu erhöhen und somit ein Quantensystem zu realisieren, das die Rechenleistung des schnellsten, auf klassischen Bits basierenden, Supercomputers übertrifft. Dazu müssen allerdings das Design und die Kontrolle von Quantenchips weiter optimiert werden. Die Teams von Prof. Hendrik Bluhm, der gemeinsam mit Prof. David DiVincenzo das JARA FIT-Institut für Quanteninformation leitet, und Prof. Lieven Vandersypen (QuTech) werden ihre Expertise auf dem Gebiet der Halbleiter-Quantenchips einbringen, um diesem Ziel näherzukommen. Weitere Teams werden gemeinsam an supraleitenden Qubitsystemen (Dr. Leo DiCarlo, QuTech) und hybriden Quantensystemen (Prof. Stephan van Waasen und Prof. Kristel Michielsen, Jülich) forschen. Die Gruppe um Prof. Koen Bertels (QuTech) hingegen wird sich Quantenchiparchitekturen mit einer höheren Anzahl von Qubits und den damit verbundenen Herausforderungen widmen.
Eine der großen Herausforderungen der skalierbaren Quanteninformationsverarbeitung ist es, Rechenfehler von Quantencomputern zu korrigieren. Da Quanteninformationen fehleranfällig sind, ist es ebenso schwierig, Korrekturen vorzunehmen, ohne wiederum neue Fehler in Quantensysteme einzubringen. Prof. Barbara Terhal (Jülich und Delft) wird gemeinsam mit Dr. Tim Taminiau an der Entwicklung und Umsetzung von fehlerkorrigierenden Quantencodes arbeiten.
Die Grundlagen eines auf Quantenverschränkung basierenden Netzwerks wurden vor kurzem bereits in einem bedeutenden Experiment von Prof. Ronald Hanson unter Mithilfe von Prof. Stephanie Wehner in Delft gelegt. Prof. David DiVincenzo, der bereits bedeutende Beiträge zur theoretischen Entwicklung von Protokollen für Quantenberechnungen geliefert hat, wird gemeinsam mit QuTech Protokolle im Bereich der netzwerkbasierten Quantenberechnung erforschen.
Die Partnerschaftsvereinbarung ist ein wichtiger Schritt, die europäische Spitzenforschung auf dem Gebiet der Quantentechnologie weiter zu stärken. QuTech und JARA betrachten die Kooperation als wegweisend für die weitere Zusammenarbeit europäischer Forschungseinrichtungen, die sicherstellt, dass diese weiterhin eine Vorreiterrolle in der Quanteninformationswissenschaft einnehmen können.
Kontakt:
Sabine Prall
Pressereferentin
Jülich Aachen Research Alliance (JARA)
Tel.: 02461 61 96421
Fax: 02461 61 1816
E-Mail: s.prall@jara.org