Entwicklungen für eine verbesserte Wasserkraft Simulation im Rahmen des Horizon 2020 “Energy oriented Centre of Excellence in Computing Applications”
Seit Herbst 2015 nehmen die beiden JARA-ENERGY Mitglieder Prof. H. Vereecken, Institut für Bio- und Geowissenschaften, Agrosphäre (IBG-3), und Prof. C. Clauser, Lehrstuhl für Angewandte Geophysik und Geothermische Energie (E.ON Energy Research Center) der RWTH Aachen, an dem Energy Oriented Centre of Excellence for computing applications (EoCoE, [1]) teil. Das übergeordnete Ziel dieses Kompetenzzentrums ist die Nutzung der Potentiale, die sich aus Infrastrukturen und Technologien des wissenschaftlichen Hochleistungsrechnens (HPSC) für einen beschleunigten Übergang hin zu einer zukünftigen Elektrizitätsversorgung basierend auf erneuerbaren Energien ergeben. EoCoE gehört zu einem von acht geförderten Kompetenzzentren (CoE) im Bereich des wissenschaftlichen Rechnens im Horizon 2020 Programm der Europäischen Kommission. Es gruppiert sich um einen Kern aus Maison de la Simulation nahe Paris und dem Forschungszentrum Jülich. HPSC and angewandte Mathematik bilden die transversale, disziplinenübergreifende Basis für das CoE. Innerhalb von fünf wissenschaftlichen Themenschwerpunkten, Meteorologie, Materialwissenschaften, Wasserkraft, Energie und Fusionstechnik, gibt es eine enge Zusammenarbeit mit HPC Experten zu Technologien, Softwarewerkzeugen und Services zur Verbesserung, Modernisierung und Weiterentwicklung wissenschaftlicher Simulationscodes. Dies führt schlussendlich zu schnelleren, exakteren und nutzbareren Informationen für die Anwender im Energiesektor.
Die Schwerpunkte in dem EoCoE Teilprojekt “WATER4ENERGY” unter Leitung von S. Kollet (IBG-3) sind: (i) Die Ableitung einer optimalen Konfiguration geothermischer Kraftwerke zur Wärme- und Energiegewinnung in einer städtischen Region, die sich durch unterschiedliche Stadtteile und eine komplexe Geologie auszeichnet (RWTH); (ii) die Erzeugung hochaufgelöster kurzzeitiger Monitoring Simulationsergebnisse und langfristiger Projektionen des Abfluss unter Klimawandeleinfluss, als Grundlage für ein effizientes Wasserkraft-Management auf einer Maßstabsebene, die für einzelne Kraftwerke relevant ist (FZJ und Partner). Der regionale Klimawandel hat Auswirkungen auf die Niederschlagsregime in Europa; zum Beispiel zeigt das Rheineinzugsgebiet Tendenzen hin zu trockeneren Sommern bei niederschlagsreicheren Wintern sowie signifikante Verschiebungen bei Klimaindizes, wie der Länge von Trockenperioden oder der Niederschlagsintensität. Die Alpen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Winter mit erhöten Niederschlägen, bei einem größeren Regenanteil haben; dies wird zu einer Änderung der Schmelzwasserregime im Frühling und Sommer führen, was große Relevanz für die Speicherseen der Alpen und die Wasserkraftwerke entlang von Fließgewässern haben kann.
Im Wasserkraft-Kontext der IBG-3 Arbeiten wird gerade ein hydrologisches Monitoring System aufgebaut mit dessen Hilfe relevante Wasserressourcen-Größen simuliert werden können. Hier kommt das massiv-parallele integrierte hydrologische Modell ParFlow zum Einsatz. ParFlow ist einer der wenigen Codes der gesättigte und variabel-gesättigte 3D Boden- und Grundwasserbewegungen auf Raum- und Zeitskalen bis zu Kontinenten (USA, Europa) und Dekaden simuliert. Derzeit sind Monitoring Läufe operationell, bei denen ParFlow als Teil der vollgekoppelten Terrestrial Systems Modelling Platform (TerrSysMP) in einer Auflösung von 12km für eine pan-europäische Modell-Domäne und in 0.5km über NRW gerechnet wird.
Diese Läufe könnten als Informationsquelle für Wasserkraftsysteme zu aktuellen hydrologischen Zuständen und ihrer kurzfristigen Entwicklung in Echtzeit dienen (siehe Abbildung 1). ParFlow Spinup-Simulationsrechnungen, angetrieben von atmosphärischen Reanalysen, liefern Zustandsgrößen und Flüsse eines hydrologischen Systems im hydrodynamischen Gleichgewicht, die ihrerseits eine Grundlage für eine datenassimulationsgetriebene Reanalyse bilden von der Abflussprozesse für die großen europäischen Flüsse abgeleitet werden können. Ein ergänzender Fokus liegt derzeit auf einem extrem hochauflösenden ParFlow Modell-Setup für die Alpenregion in Zusammenarbeit mit dem Simulationslabor Terrestrische Systeme am Jülich Supercomputing Centre (JSC). Diese Simulationsrechnungen werden die Eingangsgrößen für die Wasserkraftsystem-Impaktmodellierung der Gruppen an der Uni Trento in Italien bereitstellen. Die alpine ParFlow Variante wird ihrerseits angetrieben von (i) konvektionserlaubenden regionalen Klimamodell-Ergebnissen für vergangene und zukünftige Zeitspannen sowie (ii) einem Ensemble regionaler Klimaänderungsprojektionen. Das erlaubt eine Validierung der Module mit denen Wasserkraftertrag berechnet werden kann sowie eine Abschätzung der Vulnerabilitäten der primären Wasserkraftsysteme (insbesondere der Staudämme in den Alpen), unter Berücksichtigung von Unsicherheiten im Zusammenhang mit Klimawandel und unterschiedlichen Reservoir-Management Strategien.
Diese aufwendigen Modellrechnungen werden unterstützt und überhaupt erst ermöglicht durch eine ParFlow Code-Modernisierung und HPC Entwicklungen in enger Zusammenarbeit mit dem JSC. Bislang wurde ParFlow umfassenden Leistungsmessungen unterzogen als Teil der Implementierung einer optimalen Benchmarking- und Entwicklungs-Umgebung. Um die Big Data Herausforderungen (insbesondere Datenvolumen) im Zusammenhang mit langen Integrationszeiten bei hohen räumlichen Auflösungen über großen Modellgebieten anzugehen, wird gerade ein in-situ Prozessierungsschema und paralleler I/O in ParFlow implementiert. Zusätzlich soll der numerische Löser in ParFlow aktualisiert bzw. ausgetauscht werden, was eine Hybrid-Parallelisierung auf heterogenen, beschleunigten HPC Architekturen wie JSC/JURECA ermöglicht.
Abbildung 1: Beispiel für eine TerrSysMP Monitoring Simulationsergebnis (2016-03-03 12:00 UTC) wie es über den HPSC TerrSys YouTube Kanal [2] zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Links: Europäisches Modellgebiet, 12km Auflösung, Niedrschlag (Randantrieb vom ECMWF); rechts: NRW Modellgebiet, 1km/0.5km Auflösung, Änderung des Grundwasserspiegels (Randantrieb vom DWD). Beide Simulationen sind initialisiert am 2016-03-03 00:00 UTC.
Weiterführende Links:
- EoCoE Projektwebseite: http://www.eocoe.eu/
- YouTube Kanal von Hpsc Terrsys: https://www.youtube.com/channel/UCGio3ckQwasR5a_kJo1GdOw