Herausforderungen der Wasserstoffverbrennung im Rahmen der Energiewende
Am Institut für Technische Verbrennung, unter der Leitung von JARA-ENERGY Mitglied Prof. Heinz Pitsch, wird Wasserstoff als Brennstoff der Zukunft im Kontext von nachhaltigen Energiekonzepten erforscht. Wasserstoff verbindet saubere Verbrennung mit gut verstandenen und verfügbaren Herstellungsverfahren. Bevor Wasserstoff zukünftig in Gasturbinen und Motoren verbrannt werden kann, müssen jedoch die Besonderheiten der Wasserstoffverbrennung besser verstanden werden.
Der Anstieg an erneuerbaren Energien sorgt für einen steigenden Bedarf an effizienten Energiespeichern, die Fluktuationen der Energieproduktion ausgleichen können. Die Bundesregierung führt in ihrem „Energiekonzept 2050“ die chemische Speicherung überschüssiger elektrischer Energie als wichtigen Baustein auf. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf der Elektrolyse mittels derer Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Der erzeugte Wasserstoff dient als chemischer Energiespeicher. Die Energie kann bei Bedarf durch eine Verbrennung in stationären Gasturbinen in elektrischen Strom zurückgewandelt werden. Wasserstoff ist als Energiespeicher besonders geeignet, weil bei der Verbrennung keine Treibhausgase und keine Kohlenstoff-basierten Schadstoffe wie Kohlenmonoxid oder Ruß gebildet werden.
Allerdings unterscheidet sich der Verbrennungsprozess von Wasserstoff erheblich von der Verbrennung konventioneller Kraftstoffe, sodass herkömmliche stationäre Gasturbinen nicht ohne Weiteres mit Wasserstoff betrieben werden können. Um dies zu realisieren, müssen die Besonderheiten der Wasserstoffverbrennung zunächst besser verstanden werden. Dazu zählen sogenannte thermodiffusive Instabilitäten, welche bei der Verbrennung von Wasserstoff auftreten und am Institut für Technische Verbrennung der RWTH Aachen untersucht werden. Bei der für Gasturbinen typischen mageren Verbrennung kommt es durch diese Instabilitäten zu einer intrinsischen Störung einer eigentlich glatten Flammenfläche. Thermodiffusive Instabilitäten sind noch nicht hinreichend verstanden, zeigen aber einen großen Einfluss auf den gesamten Verbrennungsverlauf. Sie sorgen für eine Zunahme der Flammenoberfläche und steigern damit Brenngeschwindigkeit und Wärmefreisetzung. Um einen sicheren Betrieb zu ermöglichen und die Wasserstoffverbrennung in tatsächlichen Motoren zu optimieren, ist daher ein tieferes Verständnis des Verbrennungsverhaltens erforderlich.
Die thermodiffusiven Instabilitäten werden am Institut für Technische Verbrennung der RWTH Aachen sowohl experimentell wie auch durch numerische Simulationen untersucht. Abb. 1 (obere Reihe) zeigt die Ausbreitung einer sphärischen Wasserstoffflamme in einer Hochdruckbrennkammer, wobei das Einsetzen der Instabilitäten in Form zellulärer Strukturen deutlich wird. Im Gegensatz dazu zeigt Abb. 1 (untere Reihe) eine sphärische Methanflamme, welche eine glatte Flammenoberfläche aufweist und den typischen Verbrennungsverlauf konventioneller Kraftstoffe beschreibt. Die Entwicklung der zellulären Strukturen bei Wasserstoffflammen steigert die Ausbreitungsgeschwindigkeit erheblich, was bei der Auslegung von stationären Gasturbinen berücksichtigt werden muss. Dieses grundlegende Experiment dient der Quantifizierung der Ausbreitungsgeschwindigkeiten unter dem Einfluss von thermodiffusiven Instabilitäten.
Um die Bildungsprozesse der zellulären Strukturen und die komplexen Interaktionen von molekularen Transportvorgängen, chemischen Reaktionen und turbulenter Strömungen zu verstehen, werden zusätzlich numerische Simulationen eingesetzt. Abb. 2 zeigt die Direkte Numerische Simulation einer Wasserstoff/Luft-Flamme. Im Gegensatz zur experimentellen Konfiguration handelt es sich hier um eine planare Flamme, welche durch die thermodiffusiven Instabilitäten stark gewellt wird. Die zentrale Erkenntnis dieser aktuellen Studie ist die Identifikation zweier charakteristischer Längenskalen, welche die Flammenfront-Strukturen charakterisieren. Die kleine Längenskala kann direkt den thermodiffusiven Verbrennungsinstabilitäten zugeordnet werden. Die größeren Flammenfront-Strukturen dagegen beruhen auf der Interaktion der Flamme mit dem Strömungsfeld.
Die durch die experimentellen und numerischen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse stellen eine exzellente Grundlage zur Entwicklung neuer Modelle für die Verbrennung von Wasserstoff dar, mit deren Hilfe thermodiffusive Instabilitäten in großskaligen Simulationen, wie sie bei der Vorauslegung von Gasturbinen verwendet werden, modelliert werden können. In einer folgenden Projektphase sollen die neuen Modelle unter realistischen Bedingungen eingesetzt und getestet werden.