Ensure - Netze für die Energiewende
Derzeit wird viel und kontrovers um den Ausbau erneuerbarer Energien diskutiert. Eine der grundlegenden Fragen der Energiewende ist, wie der Strom, der sowohl zentral in Offshore-Windparks oder auf bayerischen Solarfeldern als auch dezentral in vielen kleinen Photovoltaik-, Windkraft- oder Biogasanlagen in die Netze eingespeist wird, am Ende in die Haushalte, Büros, Betriebe und Fabriken kommt. Dabei muss deren Versorgung ständig gewährleistet sein – auch, wenn der Wind mal heftig weht und dann wieder Flaute herrscht, und Wolken die Sonne verdecken. Wie kann man also das Stromnetz an eine unregelmäßige Versorgung anpassen? Wie sehen zukünftig Rollen und Strukturen von zentralen Übertragungsnetzen und dezentralen Verteilungsnetzen aus? Welche Chancen ergeben sich durch moderne leistungselektronische Netzbetriebsmittel? Wie werden die technischen Strukturen durch die Akzeptanz der Gesellschaft beeinflusst?
Dies sind die zentralen Themen des Kopernikus-Projektes ENSURE, der Kurzname steht für den Projekttitel „Neue Energienetzstrukturen für die Energiewende“. Die RWTH Aachen ist hieran beteiligt: „Wir wollen einen strukturellen Masterplan der Energiewende entwickeln. Wir suchen nach effizienten und zukunftsweisenden Strukturen aus zentraler und dezentraler Energieversorgung“, erläutert Professor Albert Moser, Mitglied von JARA-ENERGY und Leiter des RWTH-Instituts für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft.
BMBF fördert das Kopernikus-Projekt
23 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sind bei ENSURE involviert. Sprecher des Direktoriums ist Professor Holger Hanselka vom Karlsruher Institut für Technologie. Zudem gehören neben der RWTH noch der Energieversorger E.ON, der Netzbetreiber TenneT TSO und die Technologiekonzerne Siemens und ABB dem Direktorium an. An der Aachener Hochschule sind sechs Institute in ENSURE eingebunden. Das Budget beträgt zunächst 40 Millionen Euro bis 2019, 30 Millionen Euro kommen von Seiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Erforscht wird, wie eine neue Energienetzstruktur technisch und wirtschaftlich realisierbar ist und dabei gesellschaftlich akzeptiert wird. Technologien zur Stromübertragung stehen ebenso im Fokus wie Informations- und Kommunikationstechnologien, die in Zukunft verstärkt Netze, Einspeisungen und Verbraucher intelligent steuern und so die Stabilität der Versorgung gewährleisten.
In den ersten drei Jahren werden zunächst in vier Clustern die Grundlagen erforscht, bevor dann die gewonnen Erkenntnisse in einem Großdemonstrator erprobt werden. Dieser sogenannte multimodale Netzdemonstrator soll 2022 an den Start gehen. Moser ist Sprecher des Clusters „Systemstrukturen“, Professor Rik De Doncker, ebenfalls Mitglied von JARA-ENERGY und Direktor des E.ON Energy Research Centers der RWTH, stellvertretender Sprecher des Clusters „Systemführung“. Die weiteren Cluster thematisieren neue Technologien und sozioökonomische Rahmenbedingungen.
Verteilnetze technisch steuern
„Das Thema Infrastruktur so übergreifend anzugehen und auch gesellschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, sind Besonderheiten. Das Wichtigste ist, dass wir einen ganzheitlichen und systematischen Ansatz wählen“, betont Moser. Das bedeutet, bei Strukturkonzepten von Stromnetzen auch innovative Technologien und intelligente Betriebskonzepte zu berücksichtigen. „Es fehlten in den Verteilnetzen bis jetzt die technischen Steuerungsmöglichkeiten. Die haben wir nun.“ Neben Speichersystemen sind auch die Sektorkopplung, die leistungselektronischen Energiewandler und die Informations- und Kommunikationstechnologie Schlüsselkomponenten für den Betrieb der Netze der Zukunft.
In den vier sogenannten Kopernikus-Projekten für die Energiewende des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sollen Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam technologische und wirtschaftliche Lösungen für den Umbau des Energiesystems entwickeln. Die Kopernikus-Projekte sind auf einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren angelegt. Das BMBF stellt für die erste, dreijährige Förderphase bis zu 120 Millionen Euro bereit. Bis 2025 sollen weitere 280 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Die RWTH Aachen ist an allen vier Projekten beteiligt, beim Projekt Power-to-X als Sprecher des verantwortlichen Direktoriums, bei ENSURE als Teil des Direktoriums und bei den Projekten SynErgie und ENavi als Forschungspartner. An Power-to-X ist unteranderem auch das Forschungszentrum Jülich als maßgeblich beteiligt.
Ein Artikel der RWTH Aachen University
Weitere Informationen zum Kopernikus-Projekt "ENSURE" auf der Website des Bundesministerium für Bildung und Forschung.