Sinnvolle Pausen

Bild: JARA-BRAIN Wissenschaftler zeigten, dass die Tinnitus-Behandlung mit Hilfe der CR-Stimulation durch ausreichend lange Pausen zwischen den Nervenzellstimulationen sogar mit sehr schwachen Stimulationen weiter verbessert werden kann.
Menschen mit Tinnitus hören permanent ein störendes Geräusch, wodurch ihre Lebensqualität deutlich eingeschränkt sein kann. Auslöser sind Fehlsteuerungen im Gehirn, die durch überaktive, synchron arbeitende Nervenzellverbände verursacht werden. JARA-BRAIN Wissenschaftler Prof. Dr. Dr. Peter Tass hat mit der akustischen CR Neuromodulationsmethode eine erfolgversprechende Therapie entwickelt. Bei dieser Methode werden die synchron aktiven Nervenzellen durch elektrische Stimulation in ihrer gleichförmigen Aktivität gestört. Jüngste Forschungsarbeiten zeigen nun, dass sich die Behandlungstechnik durch ausreichend lange Pausen zwischen den Nervenzellstimulationen sogar mit sehr schwachen Stimulationen weiter verbessern lässt.
Veränderte Stimulationsmuster im Test
Die Wissenschaftler vom Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin erzeugten am Computer einen Verband von 256 Neuronen, um veränderte Stimulationsmuster zu testen. Den Verband versetzten sie in einen Zustand, bei dem die Nervenzellen übermäßig synchron aktiv waren und ihre Signale gleichzeitig abfeuerten. "Ursachen für eine solche krankhafte synchrone Überaktivität sind Fehlsteuerungen im Gehirn. Bei gesunden Menschen feuern Nervenzellen nicht derart global und übermäßig synchron, sondern eher selektiv vernetzt und auf koordinierte Weise in funktionell relevanten Gruppen", erklärt Prof. Peter Tass, Leiter des Institutsbereichs Neuromodulation (INM-7) am Forschungszentrum Jülich.
Den simulierten Nervenzellenverband haben die Forscher mit kurzen elektrischen Signalen nach einem genauen zeitlichen und räumlichen Muster stimuliert – und zwar nach dem Prinzip der Coordinated Reset (CR) Stimulation. Bei dieser Methode, die Tass entwickelt hat, werden unterschiedliche Teile eines betroffenen Nervenzellverbandes durch eine speziell gemusterte Abfolge milder Reize gezielt gestört. Hierdurch gerät mit der Zeit der gesamte betroffene Nervenzellenverband außer Takt und verlernt so die unerwünschte synchrone Überaktivität wieder.
Bislang waren die Forscher davon ausgegangen, dass so eine Stimulation über einen längeren Zeitraum einmal am Tag mehrere Stunden durchgeführt werden muss. "Im Laufe unserer Forschung kamen wir auf die Idee, die Auswirkung von Pausen auf den Stimulationserfolg zu untersuchen", blickt der Jülicher Wissenschaftler zurück.
Richtige Pausenlänge ermöglicht geringeren Stimulationsreiz
Die Forscher variierten bei dem simulierten Zellverband die Länge der Stimulationen sowie der Pausen und machten eine erstaunliche Entdeckung: Bei bestimmten Kombinationen stellte sich der lang anhaltende desynchronisierende Effekt auch dann ein, wenn die Stärke der Stimulationsreizes eigentlich zu schwach war. "Aus den bisherigen Forschungen wissen wir, dass bei dauerhaften CR-Stimulationen nur dann eine Wirkung bei den Nervenzellverbänden erreicht wird, wenn die Intensität des Reizes eine bestimmte Mindestgröße hatte. Mit den richtigen Pausen reichte in den Computersimulationen auch eine deutlich geringere, ansonsten unwirksame Intensität", so der Jülicher Wissenschaftler.