Überraschende Erkenntnisse zur Struktur von Vogelhirnen
Umgangssprachlich drückt man mit dem Ausspruch „Du hast doch einen Vogel!“ aus, dass man seinem Gegenüber unterstellt, nicht klar bei Verstand zu sein. Im eigentlichen Sinne hat diese Redewendung nur wenig mit den Tieren zu tun, viel mehr mit einem alten Volksglauben. Dennoch herrscht seit gut 150 Jahren die Ansicht, dass Vögel aufgrund ihres weitgehend unorganisierten Gehirns zu geringeren kognitiven Leistungen fähig sind als Säuger. Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der beiden JARA-Partner RWTH und Forschungszentrum sowie der Ruhr-Uni Bochum und der Heinrich Heine Universität Düsseldorf konnten diese Ansicht nun widerlegen. Vogelhirne verfügen über eine höhere Komplexität und haben mehr Gemeinsamkeiten mit den Gehirnen von Säugetieren als gedacht.
Wie kann es sein, dass manche Vögel, wie etwa Elstern, Raben und Papageien kognitive Leistungen vollbringen können, ihr Gehirn jedoch nahezu unorganisiert zu sein scheint? Dieser Frage hat sich ein Expertenteam aus Aachen, Bochum, Düsseldorf und Jülich gestellt und erstaunliche Parallelen zum Säugetier-Gehirn entdeckt.
Mithilfe der 3D Polarized Light Imaging (3D-PLI) Methode konnten die Wissenschaftler* die Struktur des Vogelhirns genauer analysieren. Mithilfe des in Jülich und Düsseldorf entwickelten neuen Verfahrens lässt sich die Ausrichtung der Nervenfaserbahnen darstellen. Erstaunliches Ergebnis der Untersuchungen: Die sensorischen Hirnareale der geflügelten Lebewesen sind ebenso wie der Neurocortex von Säugern in horizontalen Schichten und vertikalen Säulen vernetzt. Diese Erkenntnis revidiert somit eine jahrzehntelange Annahme über die unorganisierte Struktur von Vogel-Gehirnen.
Die Ergebnisse der Untersuchungen, an denen die beiden JARA-BRAIN Wissenschaftler Prof. Katrin Amunts und Prof. Hermann Wagner beteiligt waren, wurde in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht.
Weitere Informationen stehen auf der Website des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen zur Verfügung.
* Verweis: „Alle in diesem Dokument verwendeten Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen. Auf eine Nennung verschiedener Varianten der Bezeichnungen wird allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet.“