Metaanalyse revidiert bisherige Forschungsthese zu Schizophrenie
Die Ergebnisse einer Metaanalyse der JARA-BRAIN Wissenschaftler Prof. Dr. Thomas Nickl-Jockschat und Dr. Claudia Eickhoff zeigen: Eine COMT-Genvariante hat nicht zwingend Auswirkungen auf die Hirnleistung bei Schizophrenen. Bisherige Bildgebungsstudien hatten diesen Zusammenhang zwischen Gendefekt und Hirnaktivierungsmuster nahe gelegt.
„Bei den Schizophrenien entscheiden zu 85 Prozent die Gene, ob die Erkrankung tatsächlich ausbricht“, erläutert Thomas Nickl-Jockschat. Bei der psychischen Erkrankung spielt das Gen COMT eine Rolle, da es ein Enzym codiert, das den Botenstoff Dopamin im Gehirn reguliert. Der Dopamin-Haushalt bei schizophrenen Patientinnen und Patienten ist wiederum meist nicht ausgeglichen.
Vor diesem Hintergrund hatten Forscher vor einigen Jahren in einer viel beachteten Studie Probanden mit einer bestimmten Variante dieses Gens – dem sogenannten COMT Val158Met-Polymorphismus - in einem Magnetresonanztomographen Aufgaben lösen lassen, bei denen speziell das Arbeitsgedächtnis getestet wurde. Bei dieser Genvariante ist nur eine einzige Base des genetischen Codes verändert, was aber zu einer anderen Aktivität des COMT-Enzyms führt.
Bei der Untersuchung zeichneten die Wissenschaftler die Hirnaktivitäten auf, um festzustellen, ob sich die Durchblutung im Stirnlappen von Risikovariantenträgern im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne diese Risikovariante verändert. Die These bestätigte sich, so dass der Fokus der Schizophrenie-Forschung in den Folgejahren stark auf Studien lag, die die Auswirkungen von Risikogenvarianten auf die Hirnaktivität mittels funktioneller Bildgebung untersuchten. Diese Forschungsrichtung wird auch unter dem Begriff „Imaging genetics“ zusammengefasst.
Forscher werten Daten von 995 Probandinnen und Probanden aus
Thomas Nickl-Jockschat, der als Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Uniklinik RWTH Aachen und am Institut für Neurowissenschaften und Medizin am Forschungszentrum Jülich forscht, stellt dieses Vorgehen nun kritisch in Frage. Der Psychiater nutzte gemeinsam mit Prof. Dr. Simon Eickhoff von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die herausragende Rechner-Infrastruktur im Forschungszentrum Jülich und speiste 14 vom Versuchsaufbau verwandte Studien mit insgesamt 995 Datensätzen von Probandinnen und Probanden in die Höchstleistungsrechner ein. Das Ergebnis: Der Vergleich der Daten belegte, dass es keinen studienübergreifenden räumlichen Zusammenhang im Gehirn gab.
„Die Metaanalyse zeigt einmal mehr, dass wir viel größere Kohorten benötigen, um Forschungsaussagen wissenschaftlich fundiert treffen zu können“, erklärt Thomas Nickl-Jockschat.
Zudem sei die These zu hinterfragen, dass sich Geneffekte mittels funktioneller Magnetresonanztomographie besser als durch Verhaltensbeobachtungen darstellen ließen. Die Forschungsergebnisse wurden unlängst in Biological Psychiatry veröffentlicht.