Wie Neuronen die Körperpflege steuern – Studie zu OT-D3-Neuronen in den Calleja-Inseln
Die Calleja-Inseln (IC) sind, obwohl man sie damit assoziieren könnte, keine Inselkette in der Südsee oder Ähnlichem. Zu finden sind diese Inseln im basalen Vorderhirn (Striatum), am Übergang zum Hyperthalamus von Säugetieren und statt Sand und Muscheln sind in diesen Hirnbereichen Cluster dichtgepackter Körnerzellen zu finden. Mitten im Zentrum des „Riechhirns“ gelegen, erhalten die Neuronen der IC sensorische Inputs aus dem Geruchssystem und ihnen wird eine Beteiligung an assoziativem Lernen, Verstärkung und belohnungsbezogenem Verhalten zugesprochen. Die genauen Funktionen der Neuronen in den Calleja-Inseln sind jedoch bis heute nicht sicher bestätigt.
Die Studie eines internationalen wissenschaftlichen Teams hat nun die neuronalen Vorgänge der Körperpflege bei Mäusen untersucht. Gegenstand der Studie, an der JARA-BRAIN Mitglied Prof. Marc Spehr maßgeblich beteiligt war, war die Schaltung und Funktion der OT-D3-Neuronen innerhalb der Calleja-Inseln bei Mäusen unter verschiedenen Bedingungen. Überraschenderweise lieferten die Ergebnisse Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Aktivierung und Deaktivierung von OT-D3-Neuronen und der Durchführung, Häufigkeit sowie Dauer der Fellpflege der Nagetiere. Festzuhalten ist dabei jedoch, dass an der Erhaltung der Hygiene über die IC-Neuronen hinaus weitere Hirnareale wie der laterale Hyperthalamus und die mediale Amygdala beteiligt sind.
Störungen des Körperpflege-Verhalten werden nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Tieren bei einer Beeinträchtigung durch Hirnerkrankungen beobachtet. Beim Menschen können beispielsweise Depressionen dazu führen, dass die Hygiene vernachlässigt wird. Wohingegen ein Symptom von Zwangsstörungen übermäßige Reinlichkeit sein kann. Wie genau die psychologischen Störungen mit den neurologischen Prozessen zusammenhängen, ist bisher unklar. In der neuen Studie um Professor Spehr zeigte sich eine Beeinträchtigung der Hygiene der Tiere vor allem bei striatalen Schaltkreien, die beim Menschen mit Erkrankungen, wie dem Tourette-Syndrom, der Autismus-Spektrum-Störung, aber auch Zwangsstörungen assoziiert werden.
Die Ergebnisse der Studie wurden jüngst im Fachmagazin „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.Nachlesbar ist der Artikel „Ventral striatal islands of Calleja neurons control grooming in mice“ auf der Website von Nature Neuroscience: https://www.nature.com/articles/s41593-021-00952-z#Abs1
An den Untersuchungen und der Studie waren beteiligt:
- Lehrstuhl für Chemosensorik, Institut für Biologie II der RWTH Aachen University
- Lehrstuhl für Bildverarbeitung der RWTH Aachen University
- Department of Neuroscience Perelman School of Medicine, University of Pennsylvania
- Division of Endocrinology, Diabetes and Metabolism, Department of Medicine, Perelman School of Medicine, University of Pennsylvania
- Department of Biology, University of Pennsylvania
- Department of Pharmacology and Therapeutics der University of Florida
- Department of Neuroscience des Baylor College of Medicine