Was lohnt als Belohnung?
Ein Kino-Gutschein, ein Lob von den Eltern oder schlichtweg gar nichts: Belohnungen werden als unterschiedlich erstrebenswert angesehen. In einer an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters der Uniklinik RWTH Aachen erstellten Studie untersuchten JARA-BRAIN Wissenschaftler unlängst, auf welche Anreize Gesunde, ADHS- und Autismus-Patienten reagieren. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, Therapien möglichst genau auf bestimmte Patientengruppen zuzuschneiden.
Studie wurde vom Internationalen Graduiertenkolleg "Schizophrenie und Autismus" gefördert
Menschen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) weisen häufig ganz ähnliche Verhaltensweisen wie Autisten auf. Sie sind impulsiv, unaufmerksam und haben Schwierigkeiten, sich sozial angemessen zu verhalten. Therapeuten arbeiten mit den Betroffenen beider Störungen daran, situationsgerecht aufzutreten. Obschon die beiden Patientengruppen ähnliche Verhaltensweisen vorweisen, müssen ihre Therapien allerdings unterschiedliche Leistungsanreize bieten. Dies zeigt die kombinierte Verhaltens- und fMRT-Studie “Differentiating neural reward responsiveness in autism versus ADHD” von Dr. Gregor Kohls und anderen JARA-BRAIN Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Studie wurde vom Internationalen Graduiertenkollegs „Schizophrenie und Autismus“ (IRTG 1328) gefördert und am Forschungszentrum Jülich durchgeführt.
Belohnungen steigerten den Treffererfolg
„In unserer Studie waren eine Gruppe von Autisten, eine Gruppe von ADHS-Patienten und eine gesunde Kontrollgruppe eingebunden“, berichtet Gregor Kohls. Alle Teilnehmer waren zudem männlich und zwischen 9 und 18 Jahre alt, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Ihre Aufgabe im funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT) bestand darin, innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine Aufgabe zu erledigen, für die sie im Nachhinein finanziell, sozial oder gar nicht belohnt wurden. Zwar traten keine Unterschiede bezüglich der Schnelligkeit auf, mit der die Aufgabe erledigt wurde, allerdings war die Trefferquote bei anschließender Belohnung bei allen drei Gruppen wesentlich gesteigert.
Unterschiedliche Aktivierung im Motivationszentrum
Im Gegensatz zum gleichen Ergebnis auf der Verhaltensebene aller drei Gruppen unterschieden sich die neurobiologischen Reaktionen im Gehirn – je nach Belohnungsart - sehr. „Bei Gesunden konnten wir die stärkste Aktivierung im ventralen Striatum, dem Zentrum des Motivationssystems, feststellen, wenn Geld geboten wurde. Soziale Belohnung in Form von Lob und Anerkennung wurde als vergleichsweise weniger erstrebenswert angesehen“, erklärt Gregor Kohls. Demgegenüber zeigten die ADHS-Patienten bei beiden Belohnungsarten eine gleich hohe Aktivität in dieser Hirnregion. Bei der Gruppe der Autisten wurde eine stark verminderte Aktivität im Motivationszentrum beobachtet – unabhängig davon, ob Geld, Lob oder nichts in Aussicht gestellt wurde.
Autisten benötigen an ihren Interessen ausgerichtete Anreize
„Autisten haben häufig Sonderinteressen“, berichtet der JARA-BRAIN Wissenschaftler Kohls. „Geld oder soziale Zuwendung interessieren sie weniger, dafür aber mitunter ein bestimmtes Spielzeug, Sachbuch oder Computerspiel.“ Innovative Therapieansätze, beispielsweise im sozialen Interaktionstraining, sollten dies berücksichtigen: „Autisten haben dann einen erhöhten Leistungsanreiz, wenn die Belohnung ihrem Wertekanon entspricht, was langfristig zu einem besserem Therapieerfolg beiträgt.“
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