Den Mechanismen von Long-COVID auf der Spur
Projekt „BRAVE“ untersucht Gründe für die Entwicklung einer Long-COVID Erkrankung
Ein wichtiger Aspekt der Corona-Pandemie sind die langfristigen Auswirkungen der COVID-Infektion, auch als „Long-COVID“ bezeichnet. Häufig geht Long-COVID mit Schädigungen des Gehirns und der Neurologie einher. Diese Schäden können mit einer übermäßigen Entzündung zusammenhängen, die durch die Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus ausgelöst wurden. Jüngste Ergebnisse haben gezeigt, dass in den sechs Monaten nach einer COVID-19-Diagnose ein erhöhtes Risiko für neurologische und psychiatrische Störungen besteht. Das Risiko ist insbesondere dann höher, wenn bei den Patient:innen ein Krankenhausaufenthalt oder eine intensivmedizinische Behandlung nötig war. Darüber hinaus sind Patienten mit neurologischen Vorerkrankungen anfälliger für eine SARS-CoV-2-Infektion und damit verbundenen neurologischen Schäden.
Gemeinsam mit einem internationalen Team untersuchen Prof. Paolo Carloni (JARA-BRAIN und JARA-CSD) und Prof. Rossetti (JARA-CSD) in dem Projekt „BRAVE“ den neurologischen Aspekt von Long-COVID. Neben den beiden Forschenden des Forschungszentrums Jülich bilden Prof. Rebecca Wade, Universität Heidelberg, Prof. Francesca Spyrakis, Universität Turin und Prof. Giorgio Colombo, Universität Pavia, das wissenschaftliche Team des Projekts. Im Rahmen einer Ausschreibung im Human Brain Projects erhielte das Team eine Förderung durch die Europäische Kommission.
Der wichtigste beteiligte Mechanismus für die Entwicklung psychiatrischer und neurodegenerativer Erkrankungen ist die Neuroinflammation. „Das übergeordnete Ziel unseres Projekts besteht in der Entwicklung rechnergestützter Ansätze, die die EBRAINS-Instrumente und -Dienste ergänzen und integrieren”, erläutert Prof. Giulia Rossetti, „Auf diese Weise möchten wir die Untersuchung der Mechanismen von COVID-19-bedingten Hirnstörungen voranzutreiben. Zudem sollen neue Arzneimittelkandidaten entwickelt werden, die in der Lage sind, die durch SARS-CoV-2 ausgelösten übermäßigen Entzündungsreaktionen im Gehirn zu blockieren.”
Das Team wird sich insbesondere auf NLRP3 konzentrieren, den wichtigsten Proteineffektor, der an den Mechanismen beteiligt ist, die zu Gehirnstörungen und Neurodegeneration führen. „NLRP3 fungiert als Drehscheibenprotein, das verschiedene Entzündungswege aktiviert und miteinander verknüpft. Bei COVID-19, Alzheimer-Pathologie und akutem Atemnotsyndrom (ARDS) kann dies auftreten. Überlebende weisen eine erhöhte Inzidenz von langfristigen Depressionen, Angstzuständen und kognitiven Beeinträchtigungen auf”, ergänzt Prof. Paolo Carloni. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Hemmung der Inflammasom-Aktivierung die COVID-bedingten Auswirkungen sowie neurologische Komplikationen vorgebeugt werden könnte. Eine Hemmung könnte durch gezielte Eingriffe in NLRP3-zentrierte Mechanismen und Protein-Protein-Interaktionen erfolgen.
Ein Eingriff in diese Mechanismen kann sich grundsätzlich auf verschiedene COVID-bedingte neurologische Manifestationen auswirken, die entweder von einer nicht abklingenden Entzündung oder von einer dysregulierten Immunität abhängen. Die in diesem Zusammenhang entwickelten Medikamente würden dazu beitragen, dass die meisten Menschen, insbesondere die Risikopatienten, nicht ins Krankenhaus müssen und ein Fortschreiten der schweren COVID- und post-COVID-bedingten neurologischen Manifestationen vermieden wird.
Weitere Informationen zu dem Projekt BRAVE stehen auf der Website des Human Brain Projects zur Verfügung: https://www.humanbrainproject.eu/en/follow-hbp/news/2021/09/30/covid-19-and-mental-health-human-brain-project-welcomes-two-new-eu-funded-research-programmes/